Unseren Wäldern rennt die Zeit davon. Der Waldzustandsbericht 2020 hat gezeigt, dass mittlerweile fast die Hälfte der Waldfläche als deutlich geschädigt gilt. Tendenz steigend.
(Achim Roth)
Wälder sind die Lungen unseres Planeten. Sie reinigen die Luft und produzieren Sauerstoff. Sie speichern und filtern Trinkwasser und bieten Tausenden Tier-, Pflanzen- und Pilzarten einen Lebensraum. Doch dem Wald geht es schlecht. Die Klimakrise, die intensive und an Gewinnen orientierte Forstwirtschaft oder die Massenvermehrung von baumschädigenden Insekten wie dem Borkenkäfer lassen ganze Waldbestände zusammenbrechen. Der BUND Baden-Württemberg hat deshalb zum Herbst 2020 eine Referentenstelle im Bereich Wald und Landwirtschaft geschaffen. Somit intensiviert der Verband seine Arbeit auch im Waldschutz. Der Verband fordert den Umbau der Forstwirtschaft hin zu naturnahen Wäldern, die den Anforderungen der Klimakrise besser Stand halten.
„Unseren Wäldern rennt die Zeit davon. Der Waldzustandsbericht 2020 hat gezeigt, dass mittlerweile fast die Hälfte der Waldfläche als deutlich geschädigt gilt. Tendenz steigend“, sagt Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg. „Der BUND Baden-Württemberg setzt sich nun verstärkt für den Wald ein und fordert einen Waldumbau. Wir müssen auf Laubmischwälder mit Eiche, Ahorn und Linde setzen, die den Herausforderungen der Klimakrise besser gewachsen sind und die Stürmen und Trockenperioden besser standhalten als Fichten-Monokulturen. Sonst ist ein Waldsterben 3.0 nicht zu verhindern.“ Viele unterschiedliche Baumarten im Wald bedeuten auch mehr Klima-Stabilität. Denn falls eine bestimmte Baumart der Klimakrise zum Opfer fällt, überleben wenigstens andere Baumarten.
Gleichzeitig bedeuten vielfältige Baumarten im Wald auch eine höhere Vielfalt an ökologischen Nischen, in denen sich mehr Tier, Pflanzen- und Pilzarten ansiedeln können. Außerdem können sich Schädlinge wie Borkenkäfer oder Baum-Krankheiten nicht so schnell ausbreiten. Denn durch eine Vielzahl von Baumarten ist der Abstand zum nächsten Baum der gleichen Art größer.
Mehr Wildnis zulassen: Urwälder von Morgen schaffen
Der BUND Baden-Württemberg fordert außerdem, dass mindestens fünf Prozent der Waldfläche seiner natürlichen Entwicklung überlassen wird. Daraus sollen dann die Urwälder von morgen entstehen, in denen Prozesse ohne menschliche Einflüsse ganz natürlich ablaufen können. In diesen Wäldern bleiben tote und absterbende Bäume stehen, in denen viele Tierarten wie Schwarzspecht, Hirschkäfer oder Alpenbock, Fledermäuse und Bilche Schutz und Nahrung finden.
Urwälder sind auch wichtige Rückzugsräume für scheue Wildtiere. „Mehr Wildnis und mehr wilde Tiere in unseren Wäldern führt letztendlich zu gesünderen Wäldern. Wenn natürliche Beutegreifer wie Luchs und Wolf zurückkehren, muss der Mensch weniger eingreifen, um die Bestände von Rehen und Hirschen zu regulieren. Die Natur kann vieles selbst regeln – wenn man sie denn lässt“, so Christoph Schramm, Referent für Wald beim BUND Baden-Württemberg.
Neuer Referent für Wald und Landwirtschaft
Christoph Schramm hat Umweltwissenschaften an der Universität Freiburg mit den Schwerpunkten Internationale Waldwirtschaft und Ökologie des Klimawandels studiert. „Die Folgen der Klimakrise für unsere Ökosysteme sind verheerend. Insbesondere die intensive Bewirtschaftung von Kulturlandschaften im Forst und auf den Äckern trägt nicht zu einer widerstandsfähigen Umwelt und gesunden Natur bei. Wir benötigen dringend einen ökologischen Wald- und Landwirtschaftsumbau um den großen Problemen unserer Zeit – Klima- und Biodiversitätskrise – zu begegnen. Daher möchte ich diese Dringlichkeit zu Politiker*innen, Landbewirtschafter*innen und in die öffentliche Wahrnehmung tragen – denn die Zeit drängt“, so Schramm. „Besonders freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen BUND-Aktiven im ganzen Land“.
Weitere Informationen:
Über den BUND:
In Baden-Württemberg engagiert sich der BUND seit über 55 Jahren für den Erhalt einer lebenswerten Zukunft, für Natur, reine Luft, sauberes Wasser und gesunde Lebensmittel. Der BUND in Baden-Württemberg ist ein demokratischer Mitgliederverband. Über 95.000 Unterstützer*innen ermöglichen das. Die Arbeit seiner über 5.000 ehrenamtlich aktiven Mitglieder ist Herz und Hand des Verbands. Aktuelle Themenschwerpunkte des BUND sind Klimaschutz, Insektenschutz, Biotopvernetzung und Nachhaltigkeit.
Kontakt für Rückfragen:
- Christoph Schramm, Referent für Wald und Landwirtschaft beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e.V., christoph.schramm(at)bund.net
Leben im Wald
Unsere Wälder beherbergen Tausende Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Die Bildergalerie bietet einen kleinen Einblick in die Artenvielfalt im Wald.
Der Alpenbock gehört zu den auffälligsten Erscheinungen der heimischen Käferwelt. Sein Körper ist graublau bis hellblau gefärbt. Dort, wo es die auf Holz angewiesenen Käfer gibt, ist der Wald noch "in Ordnung", naturnah und mit viel Totholz in verschiedenen Zerfallsstadien ausgestattet. Im Wirtschaftswald (Forst) dagegen werden die meisten Bäume gefällt, das Holz also "geerntet", lange bevor die Käfer sich darin einnisten könnten. Dies wirkt sich bedrohlich auf die Bestandszahlen unserer Waldkäferarten aus.
In Deutschland kommt der Alpenbock nur in den bayrischen Nordalpen und im südlichen Baden-Württemberg vor. Daher haben wir hier eine besondere Verantwortung für die in Mitteleuropa sehr seltene Art.
(Albrecht Nissler)
In Deutschland kommen Gelbbauchunken bei uns im Süden und Westen vor. Sie mögen es gerne feucht und gut besonnt. So leben sie vor allem in Abgrabungen, auf Industriebrachen und auf Truppenübungsplätzen mit temporären Klein- und Kleinstgewässern in Wäldern. Auch Traktorspuren und Pfützen nutzen sie gerne. An Land suchen sie sich Verstecke unter Steinen, Totholz und in Felsspalten. Gelbbauchunken stehen in der Kategorie 2 (Stark gefährdet) der Roten Liste. Ihren Namen haben die Unken der Schreckstellung bei drohender Gefahr zu verdanken. Arme und Beine werden dann nämlich hoch gehoben. Dadurch wird die gelbe Färbung an der Unterseite des Krötenbauches sichtbar.
(Wolfgang/fotolia.com)
Der Hirschkäfer ist mit seinen acht Zentimetern Länge der größte Käfer hier zu Lande. Besonders auffällig sind die Männchen, wenn sie abends - fast aufrecht in der Luft stehend - durch lichte Wälder oder entlang von Waldrändern fliegen und geeignete Paarungs-Plätze ansteuern. In Baden-Württemberg ist die Art als gefährdet eingestuft. Bester Schutz für diese Käfer-Art ist der Erhalt von alten Eichen in Wäldern. Wichtig für den Käfer sind auch Totholzstämme, da sich seine Larven ausschließlich von abgestorbenem Holz ernähren.
(Albrecht Nissler)
Im 19. Jahrhundert war der Luchs auch bei uns im Süden noch heimisch. Doch die Großkatze wurde dann als gefährliches Raubtier und Jagdkonkurrent eingestuft. Landwirte fürchteten um ihr Vieh und eröffneten schonungslos die Jagd. Die traurige Bilanz: Eigenständig entstandene Populationen gibt es in Mitteleuropa kaum mehr. Das Pinselohr ist hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Es lebt überwiegend im Wald und lebt dort sehr im Verborgenen, die Menschen kriegen den Luchs fast nie zu sehen.
(Cornelia Ahrens
/
klickfaszination.de)
Pilze spielen auch eine wichtige Rolle in Ökosystemen. Viele Bäume bilden Symbiosen, also Lebensgemeinschaften, mit Pilzen. Die Pilzfäden im Boden sind viel dünner als die Feinwurzeln von Pflanzen. So können sie Nährstoffe und Wasser im Boden erschließen, die für Bäume unerreichbar sind. Die Pilze vernetzen sich mit den Wurzeln der Bäume und tauschen diese Nährstoffe gegen Kohlenhydrate von Pflanzen, die sie nicht selbst herstellen können. Außerdem zersetzen Pilze abgestorbene Biomasse, sodass die darin enthaltenen Nährstoffe wieder für Pflanzen verfügbar sind.
(Charlotte Oberteis)
Sein Name geht auf einen gruseligen und grausamen Aberglauben zurück. Die Menschen im Mittelalter warfen Feuersalamander haufenweise ins Feuer. Sie dachten, dass deren Hautsekret tatsächlich Brände löschen könnte. Zum Glück stehen die Tiere heute unter Naturschutz. Feuersalamander mögen es gerne feucht und schattig. Sie leben in Laubmischwäldern mit kühlen Quell-Bächen und -Tümpeln. Sie gehen bevorzugt bei warmem Regen auf Jagd. Auf ihrem Speiseplan stehen Bachflohkrebse, Schnecken, Würmer und nicht allzu flinke Insekten. Ihre Beute nehmen sie vor allem über den Geruch wahr. Bei uns im Südwesten Deutschlands leben relativ viele Feuersalamander. Daher kommt Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung für den schwarz-gelben Lurch zu.
(Dieter Paulus)
Baden-Württemberg ist weltweit ein Hotspot des Rotmilans. Der Greifvogel mag abwechslungsreiche Landschaften mit Wäldern, Weiden, Wiesen, Hecken, Gehölzen und Feldrändern. Der Rotmilan brütet gerne in lichten Altholzbeständen und Waldrändern. Der Erhalt dieser vielfältigen Landschaften ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Rotmilans.
(Thomas Heiduck
/
BUND Pfinztal)
Das Schwertblättrige Waldvögelein ist eine Orchideeen-Art. Sie wächst in lichten Wäldern, entlang von Waldwegen oder am Rand von Gebüschen. In Baden-Württemberg ist ist ihr Hauptstandort rund um die Schwäbische Alb. Die Pflanze blüht von Mai bis Anfang Juni. Ihre Blüten öffnen sich nur an warmen Tagen zur Mittagszeit.
(Heidi Witzmann)
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die scheue Wildkatze noch als wildes Raubtier und Nahrungskonkurrentin des Menschen angesehen und daher auch bei uns in Baden-Württemberg bis zur Ausrottung gejagt. Der BUND dokumentiert seit einigen Jahren, dass sich die Wildkatze langsam wieder ausbreitet. Bundesweit werden ihre Bestände aktuell auf 6.000 bis 8.000 Tiere geschätzt. Im stark zerschnittenen Automobilland Baden-Württemberg ist die Population in den letzten zehn Jahren von null auf immerhin eine niedrige dreistellige Zahl angewachsen.
Dank auch dem BUND-Projekt Rettungsnetz Wildkatze. Seit 2007 errichtet der BUND mit seinen Ehrenamtlichen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen, von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden.
(Thomas Stephan)
Wildschweine leben vorzugsweise in Laub- und Mischwäldern und suchen ihre Nahrung oft auf Feldern. Im Wald weisen weißgraue Baumrinden auf Wildschweine hin. Da die Tiere mit ihrem kurzen Hals lästige Parasiten nur schwer loswerden, suhlen sie sich gerne im Schlamm und scheuern sich danach an Bäumen mit grober Rinde. Beliebte "Malbäume" werden über Generationen genutzt und zeigen oft deutliche Einbuchtungen.
Die Wildschweinpopulation ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Maisfelder, Gärten und Mülltonnen locken die Tiere, die bis in Ballungszentren vordringen.
(Cornelia Arens
/
klickfaszination.de)
Jahrhundertelang hatte der Mensch den Wolf auf der Abschussliste, bis er schließlich in Deutschland ausgerottet war. Nun kehrt er auf leisen Pfoten zurück - auch nach Baden-Württemberg. Einzelne männliche Jungtiere streifen bereits durch die Wälder im Südwesten. Der Wolf ist für ein funktionierendes Ökosystem wichtig: Nur mit Beutegreifern wie dem Wolf können die menschlichen Eingriffe in Wildnisgebiete, wie die Regulation von Rehen, Rothirschen und Wildschweinen, halbwilden Pferden und Rindern, dauerhaft reduziert werden. Lebensraum und Nahrung gibt es für den Wolf im Südwesten genug. Der BUND setzt sich für ein friedliches Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf ein.
(Cornelia Ahrens
/
klickfaszination.de)
Zur Übersicht