Eine Straße verläuft zwischen Häusern hindurch.

Flächenfraß zerstört Vielfalt von Lebensräumen

Jedes Jahr 2.300 Fußballplätze: Das ist die Fläche, die in Baden-Württemberg zugebaut, betoniert oder geteert wird – das sind täglich 4,6 Hektar (Stand 2022). Der Flächenverbrauch hat viele Ursachen. Hauptsächlich werden Freiflächen für Bauland und Verkehr verbraucht. Der BUND in Baden-Württemberg arbeitet daran, das Problembewusstsein für den Landverbrauch zu schärfen und neuen Flächenverbrauch zu begrenzen. (Foto: Christine Ellerbrock)

Der BUND fordert:

  • Flächenverbrauch bis 2030 auf Netto-Null senken!
  • Baulücken schließen, Industrie- und Gewerbebrachen revitalisieren!
  • Städte der kurzen Wege entwickeln!
  • Vorrang der Innen- vor Außenentwicklung!
  • Verkehrsentwicklung bei der Siedlungsplanung mitdenken!
  • Flächensparende Gewerbegebiete: mehrstöckig statt eingeschossig bauen!
  • Räumliche Eingriffe durch Arten- und Naturschutzmaßnahmen ausgleichen!
  • Freiräume und landesweiten Biotopverbund verbindlich vor Überbauung durch Gewerbe-, Industrie und Wohnbebauung sowie Verkehrswege schützen!
  • Verbindliche Festlegung von Obergrenzen für den Flächenverbrauch im Landesentwicklungsplan!

Die nicht vermehrbare Ressource Boden ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen und sichert die Versorgung mit Lebensmitteln. Obwohl der tägliche Flächenverbrauch in den vergangenen 20 Jahren reduziert werden konnte, liegt er heute (2022) mit 4,6 Hektar pro Tag in Baden-Württemberg immer noch über dem landespolitischen Zielwert von 2,5 Hektar pro Tag. Gegenüber dem Vorjahr (6,2) konnte der Flächenverbrauch leicht gesenkt werden, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Der Verbrauch im Jahr 2022 lag damit unter dem Durchschnittswert der letzten fünf Jahre von rund 5,1 Hektar. Angesichts der Verfehlung der landespolitischen Ziele ist ein entschlossenes Handeln aber nach wie vor dringend geboten. 529.627 Hektar oder 14,8 Prozent des gesamten Landes waren somit zuletzt mit Siedlungs- und Verkehrsflächen bedeckt. Im Jahr 2000 waren es noch 13,2 Prozent.

Gründe für den Flächenverbrauch

Für den hohen "Flächenfraß" gibt es verschiedene Ursachen: Zunehmende Wohnfläche pro Kopf, Niedrigzins, das staatliche Subventions- und Steuersystem, fehlende verbindliche Vorgaben zum Flächenschutz im Baugesetzbuch und in der Landesplanung, bestimmte Wertvorstellungen und die maßgeblich durch Gentrifizierung vorangetriebene Wohnungsnot in den Großstädten. So ist beispielsweise das Wohnen im Eigenheim im Grünen für viele Menschen ein Ideal. Dies wird auch vielfach staatlich begünstigt. Absurderweise zerstört dieser Wunsch als Massenerscheinung genau das, was man gewinnen will: die Nähe zur freien Natur.

Auch die Mobilität ist nicht mehr zeitgemäß. Straßen zerschneiden Quartiere, durch Parkplätze für Autos gehen für die innerstädtische Lebensqualität wertvolle Flächen verloren.

Probleme der zunehmenden Flächenversiegelung

Durch neue Straßen, Siedlungen und Gewerbegebiete werden enorme natürliche Flächen zerstört und Landschaften zerschnitten. Tiere und Pflanzen verlieren ihre Lebensräume. Große durchgängige Räume werden weniger und kleiner, was insbesondere für Tiere mit großen Territorien problematisch ist. Damit beschleunigt der Flächenfraß das Artensterben. Zudem fehlen Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung.

In den Städten wird das Mikroklima beeinträchtigt – beispielsweise höhere Wärme durch Gebäude und asphaltierte Flächen, durch Verlust an Kaltluftschneisen – was ebenfalls Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen hat.

Mit der Zersiedelung werden für viele Menschen die Distanzen zwischen Wohnen, Arbeiten, Handeln und Freizeit größer, das Verkehrsaufkommen wächst und die Kosten für die Instandhaltung von Straßen, Brücken etc. steigen. Unter dem Verlust von Naherholungsgebieten im Umkreis von Städten und Ballungsräumen leidet außerdem die Lebensqualität.

Bedeutung von gesunden Böden

Unversiegelte Böden sind in Europa meistens von Vegetation bedeckt und stellen damit einen zentralen Faktor bei der Bindung und Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid dar (Ausnahme: intensiv bewirtschaftete Äcker). Somit dienen sie dem Klimaschutz. Zudem sind unversiegelte Böden die Grundlage für land- und forstwirtschaftliche Produktion und der Garant für die Sicherstellung der Ernährung. Nicht zuletzt bilden sie die Grundvoraussetzung für den Erhalt der Artenvielfalt. Werden sie zubetoniert, können sie diese Funktionen nicht mehr wahrnehmen.
 

Die Landesregierung muss die Böden schützen und Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch ergreifen:

  1. Im Landesentwicklungsplan müssen verbindliche Flächensparziele verankert, die Regionalplanung muss gestärkt werden. Die Kommunen müssen Vorgaben bekommen, wie viel Fläche sie unter welchen Voraussetzungen verbrauchen dürfen und wie verdichtet gebaut werden muss. Auch in ländlich strukturierten Räumen muss der Geschosswohnungsbau Vorrang erhalten.
  2. Null-Versiegelung: Zusätzliche Versiegelungen müssen durch Rückbaumaßnahmen ausgeglichen werden. Etwa, indem Straßen, die nicht mehr benötigt werden, zurückgebaut und entwidmet werden.
  3. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juli 2023 zu § 13b BauGB muss von den Kommunen als Chance begriffen werden, nun umzusteuern und auf nachhaltigen, flächeneffizienten und sozialen Wohnungsbau zu setzen. Der BUND Baden-Württemberg hatte in seiner Funktion als „Anwalt der Natur“ gegen den Paragrafen 13b Baugesetzbuch geklagt. Denn der Paragraf ermöglichte Kommunen, ökologisch wertvolle Flächen am Siedlungsrand wie Streuobstwiesen in einem beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung zu bebauen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem BUND Recht gegeben: Der Paragraf 13b verstößt gegen Europarecht. Antworten auf Fragen rund um das Grundsatzurteil finden sie in unserem FAQ § 13b.
  4. Neue Siedlungsgebiete sind vorzugsweise im Innenbereich und in Gebieten mit einem guten ÖPNV-Netz auszuweisen. Im Sinne der dreifachen Innenentwicklung muss sichergestellt werden, dass dabei eine klimatisch angepasste und sozial gerechte Siedlungsverdichtung mit lebensweltlich und ökologisch orientierten Nahmobilitätsstrukturen und dem Erhalt, sowie der Ausweitung urbaner Freiräumstrukturen und Stadtökosysteme verknüpft wird. Wenn immer möglich, ist zusätzlich eine Aufwertung bestehender Biotope anzustreben.
  5. Nur die Regierungspräsidien sollen die Flächennutzungspläne genehmigen dürfen. Außerdem sollen sie einheitlich prüfen können, ob es überhaupt einen zusätzlichen Flächenbedarf gibt.
  6. Die kommunale Verwaltung muss den Gemeinderät*innen die finanziellen Auswirkungen von geplanten Baugebieten vollständig darstellen.
  7. Der kommunale Finanzausgleich muss reformiert werden: Für die Kommunen soll es finanziell attraktiv sein, möglichst wenig Flächen außerhalb von Siedlungen zu bebauen.
  8. Die Förderprogramme des Landes sollen sich daran orientieren, dass ein Zubau möglichst in den Städten und Gemeinden stattfindet und nicht im Außenbereich.
  9. Etablierung und Förderung von „Innenentwicklungsmanager*innen“ und von „Kompetenzzentren Stadtplanung und Städtebau“ als Beratungsangebote für Kommunen zur Umsetzung innovativer städtebaulicher Konzepte zur Innenentwicklung.

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Ansprechpartner Mobilität und Raumordnung

Bastian Greiner, Referent für Mobilität und Raumordnung

Bastian Greiner

Mobilitätsreferent
E-Mail schreiben Tel.: 0711 620306-30

BUND-Flyer zum Flächenverbrauch

Leitfaden für einen flächensparenden Wohnungsbau (BUND SH)

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