BUND Landesverband
Baden-Württemberg

Flächenfraß zerstört Vielfalt von Lebensräumen

Jedes Jahr 3.250 Fußballplätze: Das ist die Fläche, die in Baden-Württemberg zugebaut, betoniert oder geteert wird – das sind täglich 6,2 Hektar (Stand 2021). Der Flächenverbrauch hat viele Ursachen. Hauptsächlich werden Freiflächen für Bauland und Verkehr verbraucht. Der BUND in Baden-Württemberg arbeitet daran, das Problembewusstsein für den Landverbrauch zu schärfen und neuen Flächenverbrauch zu begrenzen. (Foto: Christine Ellerbrock)

Der BUND fordert:

  • Flächenverbrauch bis 2030 auf Netto-Null senken!
  • Baulücken schließen, Industrie- und Gewerbebrachen revitalisieren!
  • Städte der kurzen Wege entwickeln!
  • Vorrang der Innen- vor Außenentwicklung!
  • Verkehrsentwicklung bei der Siedlungsplanung mitdenken!
  • Flächensparende Gewerbegebiete: mehrstöckig statt eingeschossig bauen!
  • Räumliche Eingriffe durch Arten- und Naturschutzmaßnahmen ausgleichen!
  • Freiräume und landesweiten Biotopverbund verbindlich vor Überbauung durch Gewerbe-, Industrie und Wohnbebauung sowie Verkehrswege schützen!
  • § 13b Baugesetzbuch abschaffen; restriktive Vorgaben für Kommunen setzen!

Die nicht vermehrbare Ressource Boden ist Lebensraum für Tiere und Pflanzen und sichert die Versorgung mit Lebensmitteln. Obwohl der tägliche Flächenverbrauch in den vergangenen 20 Jahren reduziert werden konnte, liegt er heute (2021) mit 6,2 Hektar pro Tag in Baden-Württemberg immer noch über dem landespolitischen Zielwert von unter 3 Hektar pro Tag. Damit nahm der sogenannte Flächenverbrauch im Vergleich zum Jahr davor (5,4) erneut zu, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Der Verbrauch im Jahr 2021 lag damit über dem Durchschnittswert der letzten fünf Jahre von rund 5,8 Hektar. 527 954 Hektar oder 14,8 Prozent des gesamten Landes waren somit zuletzt mit Siedlungs- und Verkehrsflächen bedeckt. Im Jahr 2000 waren es noch 13,2 Prozent – eine Zunahme also um etwa 55.874 Hektar in den letzten 21 Jahren. 

Gründe für den Flächenverbrauch

Für den hohen "Flächenfraß" gibt es verschiedene Ursachen: Zunehmende Wohnfläche pro Kopf, Niedrigzins, das staatliche Subventions- und Steuersystem, die Aufweichung des Baugesetzbuches (§13b), bestimmte Wertvorstellungen und die maßgeblich durch Gentrifizierung vorangetriebene Wohnungsnot in den Großstädten. So ist beispielsweise das Wohnen im Eigenheim im Grünen für viele Menschen ein Ideal. Dies wird auch vielfach staatlich begünstigt. Absurderweise zerstört dieser Wunsch als Massenerscheinung genau das, was man gewinnen will: die Nähe zur freien Natur.

Auch die Mobilität ist nicht mehr zeitgemäß. Straßen zerschneiden Quartiere, durch Parkplätze für Autos gehen für die innerstädtische Lebensqualität wertvolle Flächen verloren.

Probleme der zunehmenden Flächenversiegelung

Durch neue Straßen, Siedlungen und Gewerbegebiete werden enorme natürliche Flächen zerstört und Landschaften zerschnitten. Tiere und Pflanzen verlieren ihre Lebensräume. Große durchgängige Räume werden weniger und kleiner, was insbesondere für Tiere mit großen Territorien problematisch ist. Damit beschleunigt der Flächenfraß das Artensterben. Zudem fehlen Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung.

In den Städten wird das Mikroklima beeinträchtigt – beispielsweise höhere Wärme durch Gebäude und asphaltierte Flächen, durch Verlust an Kaltluftschneisen – was ebenfalls Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen hat.

Mit der Zersiedelung werden für viele Menschen die Distanzen zwischen Wohnen, Arbeiten, Handeln und Freizeit größer, das Verkehrsaufkommen wächst und die Kosten für die Instandhaltung von Straßen, Brücken etc. steigen. Unter dem Verlust von Naherholungsgebieten im Umkreis von Städten und Ballungsräumen leidet außerdem die Lebensqualität.

Bedeutung von gesunden Böden

Unversiegelte Böden sind in Europa meistens von Vegetation bedeckt und stellen damit einen zentralen Faktor bei der Bindung und Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid dar (Ausnahme: intensiv bewirtschaftete Äcker). Somit dienen sie dem Klimaschutz. Zudem sind unversiegelte Böden die Grundlage für land- und forstwirtschaftliche Produktion und der Garant für die Sicherstellung der Ernährung. Nicht zuletzt bilden sie die Grundvoraussetzung für den Erhalt der Artenvielfalt. Werden sie zubetoniert, können sie diese Funktionen nicht mehr wahrnehmen.
 

Die Landesregierung muss die Böden schützen und Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch ergreifen:

  1. Im Landesentwicklungsplan müssen verbindliche Flächensparziele verankert, die Regionalplanung muss gestärkt werden. Die Kommunen müssen Vorgaben bekommen, wie viel Fläche sie unter welchen Voraussetzungen verbrauchen dürfen und wie verdichtet gebaut werden muss. Auch in ländlich strukturierten Räumen muss der Geschosswohnungsbau Vorrang erhalten.
  2. Null-Versiegelung: Zusätzliche Versiegelungen müssen durch Rückbaumaßnahmen ausgeglichen werden. Etwa, indem Straßen, die nicht mehr benötigt werden, zurückgebaut und entwidmet werden.
  3. Die Landesregierung muss auf eine Abschaffung von § 13b BauGB hinwirken und gegenüber den Gemeinden schärfere Vorgaben durchsetzen. Erfahrungen zeigen, dass vor allem in kleineren Gemeinden der Paragraf vorzugsweise zur Ausweisung von flächenintensiven Einfamilienhausgebieten eingesetzt wird.
  4. Neue Siedlungsgebiete sind vorzugsweise im Innenbereich und in Gebieten mit einem guten ÖPNV-Netz auszuweisen. Die bestehenden freien Räume müssen gesichert werden.
  5. Nur die Regierungspräsidien sollen die Flächennutzungspläne genehmigen dürfen. Außerdem sollen sie einheitlich prüfen können, ob es überhaupt einen zusätzlichen Flächenbedarf gibt.
  6. Die kommunale Verwaltung muss den Gemeinderät*innen die finanziellen Auswirkungen von geplanten Baugebieten vollständig darstellen.
  7. Der kommunale Finanzausgleich muss reformiert werden: Für die Kommunen soll es finanziell attraktiv sein, möglichst wenig Flächen außerhalb von Siedlungen zu bebauen.
  8. Die Förderprogramme des Landes sollen sich daran orientieren, dass ein Zubau möglichst in den Städten und Gemeinden stattfindet und nicht im Außenbereich.
  9. Etablierung und Förderung von „Innenentwicklungsmanager*innen“ und von „Kompetenzzentren Stadtplanung und Städtebau“ als Beratungsangebote für Kommunen zur Umsetzung innovativer städtebaulicher Konzepte zur Innenentwicklung.
  10. Die Kommunen müssen die Natur besser schützen: Die Städte und Gemeinden sollen „urbane Freiräume“ und Biotopverbünde planen und in den Siedlungen wertvolle Stadtökosysteme erhalten und sichern.

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