Wärme macht laut Umweltbundesamt mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs aus und wird vielfältig eingesetzt: als Raumwärme oder Klimatisierung, für Warmwasser, für Industrieprozesse oder zur Kälteerzeugung. Im Rahmen des Umbaus von Wirtschaft und Gesellschaft hin zu Klimaneutralität ist es essentiell, dass auch der Klimaschaden der Wärmeerzeugung massiv reduziert wird.
Was trotzdem noch ausgestoßen wird, muss in gleicher Menge an anderer Stelle wieder dauerhaft gebunden werden. Ähnlich wie die Mobilität wurde die Wärmeerzeugung in der Klimaschutzpolitik lange vernachlässigt.
Wie sieht eine klimaneutrale Wärmeerzeugung aus?
Zunächst ist es wichtig, dass Privatpersonen, Unternehmen und die öffentliche Hand ihren Wärmebedarf durch energetische Sanierungen senken. Die Folge davon ist, dass geringere Heizungstemperaturen benötigt werden, um das gewünschte Temperaturniveau in den Räumen zu erreichen.
Dieses geringere Temperaturniveau ist eine wichtige Voraussetzung für den effizienten Einsatz elektrisch betriebener Wärmepumpen verschiedener Größenordnung, die für die Wärmewende eine entscheidende Rolle spielen. Sie nutzen thermische Energie, die in Luft, Erde oder Wasser gespeichert ist, und heben das Temperaturniveau entsprechend an. Von der kleinen Hausübergabestation zur Erhöhung der Temperatur eines Wärmenetzes über Luftwärmepumpen bis hin zu Wärmepumpen großer Solarthermieanlagen, Fluss- oder Abwasserwärmepumpen und Fördersystemen für tiefe Geothermie finden sich ihre Anwendungsbereiche.
Im Gegensatz zu Wärmepumpen werden andere klimafreundlichen Systeme zur Energieerzeugung auf absehbare Zeit voraussichtlich nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen. Zum Beispiel ist der Hoffnungsträger Biomasse längst nicht in den Mengen ökologisch nachhaltig verfügbar, die für eine wichtige Rolle im Wärmesektor notwendig wären. Wasserstoff wiederum ist nur ein Energieträger und muss in einer klimaneutralen Gesellschaft komplett mithilfe erneuerbaren Stroms erzeugt werden – bei entsprechenden Umwandlungsverlusten. Dementsprechend wertvoll ist Wasserstoff und wird für die Beheizung von Gebäuden auf absehbare Zeit zu teuer sein.
Im Wärmesektor stehen bei Kommunen und Energieversorgungsunternehmen weitreichende Entscheidungen an. Es muss definiert werden, in welchen Quartieren eher auf Einzelhauslösungen oder auf Wärmenetze gesetzt wird, wo möglichst welcher Sanierungsstandard erreicht werden soll und welche erneuerbaren Wärmequellen erschlossen werden. Um Fehlinvestitionen der öffentlichen Hand, von Unternehmen und Privatpersonen zu vermeiden, erfordert dies eine solide Planung.
Kommunale Wärmeplanung im Klimaschutzgesetz
Der Landtag in Baden-Württemberg hat im Oktober 2020 eine Novelle des Klimaschutzgesetzes beschlossen, die Ende 2021 noch einmal verschärft werden soll. Die 1.101 baden-württembergischen Gemeinden können nun Wärmepläne aufstellen, um die Weichen hin zur Klimaneutralität zu stellen. Die 103 Stadtkreise und großen Kreisstädte, in denen etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt, sind sogar zur Aufstellung für ihr jeweiliges Gebiet verpflichtet. Die kommunale Wärmeplanung in Baden-Württemberg soll zum Ziel beitragen, den Gebäudebestand bis 2040 klimaneutral zu machen.
Auch wenn die Wärmepläne nicht zwangsläufig eine Umsetzung nach sich ziehen und mit dem Jahr 2040 eine zu späte Zielmarke anpeilen sollen, sind sie aus Sicht des BUND doch ein großer Schritt voran.
Aufgaben der Kommunen bei der Wärmeplanung
Um eine Wärmeplanung für eine Kommune aufzustellen, analysieren die Verantwortlichen den momentanen Zustand und Entwicklungspotentiale. Daraus leiten sie dann Maßnahmen ab, um eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen.
Im Rahmen der Bestandsanalyse sollen die Kommunen auf ihrem gesamten Gebiet räumlich detailliert darstellen, um welche Gebäudetypen es sich handelt, in welche Baualtersklassen diese sich aufteilen, wie hoch der Wärmebedarf ist und wie dieser bisher gedeckt wird. Die Potentialanalyse enthält – wiederum räumlich detailliert – die Möglichkeiten zum Einsatz von erneuerbaren Energien, Abwärme und Kraft-Wärme-Kopplung für die Wärmeversorgung.
Auf Basis der beiden Analysen skizzieren die Kommunen anschließend die künftige Entwicklung von Wärmebedarf und Versorgungsstruktur bis zum Jahr 2040 und leiten hieraus mögliche Strategien und Maßnahmen ab. Dabei müssen die Kommunen auch Überlegungen anstellen, wie der Wärmebedarf reduziert werden kann und welche Rolle dabei Wärmenetze und energetische Gebäudesanierung spielen können.
Die erste Fassung ihrer Wärmepläne müssen die Stadtkreise und großen Kreisstädte bis Ende 2023 fertiggestellt und den Regierungspräsidien vorgelegt haben. Anschließend müssen sie ihre Planungen veröffentlichen und mindestens alle sieben Jahre überarbeiten.
Auswirkungen der Wärmeplanung auf die Bevölkerung
Die kommunale Wärmeplanung hat direkte Auswirkungen auf uns Bürger*innen. Plant eine Gemeinde zum Beispiel ein Neubaugebiet von Anfang an mit einer Versorgung durch Wärmenetze, kann dies direkte Folgen für ein Bauvorhaben nach sich ziehen. Die Vorlauftemperaturen für das Heizsystem können sich ändern oder statt einer Wärmepumpe vor dem Haus kann nur noch ein Wärmetauscher im Haus notwendig werden.
Auch bei bestehenden Gebäuden kann ein Wärmeplan Investitionsentscheidungen beeinflussen. Kommt das Quartier in nächster Zeit für ein Wärmenetz infrage, lohnt sich der Austausch einer in die Jahre gekommenen Gastherme eventuell nicht mehr. Dafür kann es, je nach voraussichtlichem Temperaturniveau des Wärmenetzes, sinnvoll sein, die Heizkörper anzupassen und natürlich den Verbrauch an sich zu verringern. Steht hingegen fest, dass sich der Aufbau eines Wärmenetzes in einem Quartier nicht lohnt, ist eine starke Nutzung erneuerbarer Energien – unter Umständen bis hin zu Autarkie – sinnvoll.
BUND-Kritik an den Wärmeplanungen im baden-württembergischen Klimaschutzgesetz
- Das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands 2040 kommt zu spät und muss vorgezogen werden.
- Die kommunale Wärmeplanung muss aufs gesamte Land und nicht nur die 103 größten Kommunen ausgedehnt werden.
- Um Flächen- und Ressourcenkonkurrenz zwischen Kommunen zu verhindern und Synergien zu nutzen, muss eine Koordinierung der Wärmeplanungen über die Regierungspräsidien geschehen.
- Analog zu dem neuen Instrument der kommunalen Mobilitätspläne müssen auch bei der Wärmeplanung Beteiligungsverfahren festgeschrieben werden. Dies ist fundamental für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung.
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