Egal welche Farben die Parteibücher der Regierungskoalition haben werden, sie muss Baden-Württembergs Wälder konsequent und dauerhaft schützen.
(Marcel Heinzmann
/
Adobe Stock)
Nach drei heißen und trockenen Sommer sind fast die Hälfte der Wälder Baden-Württembergs, nämlich 46 Prozent, deutlich geschädigt. „Baden-Württemberg muss viel mehr Wälder unter strengen Schutz stellen. Auf mindestens zehn Prozent der Waldfläche im Südwesten sollen keine Bäume mehr gefällt werden dürfen“, fordert Brigitte Dahlbender, BUND-Landesvorsitzende. „Hier nehmen wir die kommende Landesregierung in die Pflicht. Egal welche Farben die Parteibücher der Regierungskoalition haben werden, sie muss Baden-Württembergs Wälder konsequent und dauerhaft schützen.“
Zusammenhämgende Waldgebiete sind besonders wertvoll
In einigen Bundesländern wie zum Beispiel in Bayern gibt es erkennbare Fortschritte beim dauerhaften Schutz von Naturwäldern. „Bei der Unterschutzstellung geht es meist um Kleinstflächen. Doch es müssen auch große zusammenhängende Waldgebiete ausgewiesen werden, die besonders wertvoll sind für den Erhalt der biologischen Vielfalt“, so Dahlbender. Ein Programm zur Förderung der Sicherung von Naturwäldern, in das Bund, Länder und Kommunen einbezogen werden, ist dringend nötig. Der BUND fordert mehr Transparenz in der Naturwälder-Bilanz: Die Leistungen der Bundesländer sollten daraus klar erkennbar sein.
Moratorium für alte Laubwälder gefordert
Der BUND fordert zudem ein sofortiges Einschlagsmoratorium für rund 100 Jahre alte Laubwälder in öffentlicher Hand. In Zeiten von Klimakrise und Waldsterben gilt es, ältere Laubwälder besonders zu schützen. Selbst in ökologisch wertvollen, älteren Laubwäldern finden mancherorts starke forstliche Eingriffe und Rodungen statt – für das geplante Gewebegebiet Ochsenwäldle in Pforzheim sollen beispielsweise 61 Hektar wertvolle Laubmischwälder weichen. Zudem sind noch immer zu wenig alte Laubwälder unter strengen Schutz gestellt. Dies gilt insbesondere für die heimischen Rotbuchenwälder, für deren Erhalt Deutschland als Hauptverbreitungsgebiet international eine besondere Verantwortung trägt.
Naturwäldern eine Chance
„Deutschland ist bei seinen Forderungen nach Erhalt von Regenwäldern international nur glaubhaft, wenn auch eigene Naturwälder eine Chance bekommen. Derzeit dürfen sich nur 2,8 Prozent der heimischen Wälder frei entwickeln. Baden-Württemberg liegt mit knapp über zwei Prozent sogar noch darunter. Sowohl die Bundes- als auch die Landesregierung haben ihr selbst gestecktes Ziel verfehlt, bis 2020 fünf Prozent des Waldes beziehungsweise zehn Prozent der Staatswälder dauerhaft aus der forstlichen Nutzung zu entlassen“, sagt Christoph Schramm, Waldreferent beim BUND Baden-Württemberg.
Hintergrund: Die natürlichen Wälder der Erde schwinden in rasantem Tempo, weltweit sind über eine Million Arten vom Aussterben bedroht. Durch die Corona-Krise ziehen sich die Verhandlungen über das neue globale UN-Abkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt hin. Deutschland hat sich der Initiative vieler Staaten angeschlossen, bis 2030 weltweit 30 Prozent der Landesfläche unter Schutz zu stellen. Zehn Prozent sollen streng geschützt werden.
Eine intakte Waldwildnis ist ein essentieller Baustein für den Schutz der biologischen Vielfalt. Viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten, die auf die Alters- und Zerfallsphasen der Bäume und eine natürliche Dynamik im Wald angewiesen sind, sind hierzulande stark gefährdet. Denn ihr Schutz schließt eine forstliche Nutzung aus – Waldwildnis ist wichtig für die biologische Vielfalt. Weißrückenspecht, Eremit oder Igel-Stachelbart haben nur dann eine Chance, wenn sich die Wälder auf großer Fläche wieder frei entwickeln können.
Mehr Informationen:
Kontakt für Rückfragen:
Leben im Wald
Unsere Wälder beherbergen Tausende Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Die Bildergalerie bietet einen kleinen Einblick in die Artenvielfalt im Wald.
Der Alpenbock gehört zu den auffälligsten Erscheinungen der heimischen Käferwelt. Sein Körper ist graublau bis hellblau gefärbt. Dort, wo es die auf Holz angewiesenen Käfer gibt, ist der Wald noch "in Ordnung", naturnah und mit viel Totholz in verschiedenen Zerfallsstadien ausgestattet. Im Wirtschaftswald (Forst) dagegen werden die meisten Bäume gefällt, das Holz also "geerntet", lange bevor die Käfer sich darin einnisten könnten. Dies wirkt sich bedrohlich auf die Bestandszahlen unserer Waldkäferarten aus.
In Deutschland kommt der Alpenbock nur in den bayrischen Nordalpen und im südlichen Baden-Württemberg vor. Daher haben wir hier eine besondere Verantwortung für die in Mitteleuropa sehr seltene Art.
(Albrecht Nissler)
In Deutschland kommen Gelbbauchunken bei uns im Süden und Westen vor. Sie mögen es gerne feucht und gut besonnt. So leben sie vor allem in Abgrabungen, auf Industriebrachen und auf Truppenübungsplätzen mit temporären Klein- und Kleinstgewässern in Wäldern. Auch Traktorspuren und Pfützen nutzen sie gerne. An Land suchen sie sich Verstecke unter Steinen, Totholz und in Felsspalten. Gelbbauchunken stehen in der Kategorie 2 (Stark gefährdet) der Roten Liste. Ihren Namen haben die Unken der Schreckstellung bei drohender Gefahr zu verdanken. Arme und Beine werden dann nämlich hoch gehoben. Dadurch wird die gelbe Färbung an der Unterseite des Krötenbauches sichtbar.
(Wolfgang/fotolia.com)
Der Hirschkäfer ist mit seinen acht Zentimetern Länge der größte Käfer hier zu Lande. Besonders auffällig sind die Männchen, wenn sie abends - fast aufrecht in der Luft stehend - durch lichte Wälder oder entlang von Waldrändern fliegen und geeignete Paarungs-Plätze ansteuern. In Baden-Württemberg ist die Art als gefährdet eingestuft. Bester Schutz für diese Käfer-Art ist der Erhalt von alten Eichen in Wäldern. Wichtig für den Käfer sind auch Totholzstämme, da sich seine Larven ausschließlich von abgestorbenem Holz ernähren.
(Albrecht Nissler)
Im 19. Jahrhundert war der Luchs auch bei uns im Süden noch heimisch. Doch die Großkatze wurde dann als gefährliches Raubtier und Jagdkonkurrent eingestuft. Landwirte fürchteten um ihr Vieh und eröffneten schonungslos die Jagd. Die traurige Bilanz: Eigenständig entstandene Populationen gibt es in Mitteleuropa kaum mehr. Das Pinselohr ist hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Es lebt überwiegend im Wald und lebt dort sehr im Verborgenen, die Menschen kriegen den Luchs fast nie zu sehen.
(Cornelia Ahrens
/
klickfaszination.de)
Pilze spielen auch eine wichtige Rolle in Ökosystemen. Viele Bäume bilden Symbiosen, also Lebensgemeinschaften, mit Pilzen. Die Pilzfäden im Boden sind viel dünner als die Feinwurzeln von Pflanzen. So können sie Nährstoffe und Wasser im Boden erschließen, die für Bäume unerreichbar sind. Die Pilze vernetzen sich mit den Wurzeln der Bäume und tauschen diese Nährstoffe gegen Kohlenhydrate von Pflanzen, die sie nicht selbst herstellen können. Außerdem zersetzen Pilze abgestorbene Biomasse, sodass die darin enthaltenen Nährstoffe wieder für Pflanzen verfügbar sind.
(Charlotte Oberteis)
Sein Name geht auf einen gruseligen und grausamen Aberglauben zurück. Die Menschen im Mittelalter warfen Feuersalamander haufenweise ins Feuer. Sie dachten, dass deren Hautsekret tatsächlich Brände löschen könnte. Zum Glück stehen die Tiere heute unter Naturschutz. Feuersalamander mögen es gerne feucht und schattig. Sie leben in Laubmischwäldern mit kühlen Quell-Bächen und -Tümpeln. Sie gehen bevorzugt bei warmem Regen auf Jagd. Auf ihrem Speiseplan stehen Bachflohkrebse, Schnecken, Würmer und nicht allzu flinke Insekten. Ihre Beute nehmen sie vor allem über den Geruch wahr. Bei uns im Südwesten Deutschlands leben relativ viele Feuersalamander. Daher kommt Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung für den schwarz-gelben Lurch zu.
(Dieter Paulus)
Baden-Württemberg ist weltweit ein Hotspot des Rotmilans. Der Greifvogel mag abwechslungsreiche Landschaften mit Wäldern, Weiden, Wiesen, Hecken, Gehölzen und Feldrändern. Der Rotmilan brütet gerne in lichten Altholzbeständen und Waldrändern. Der Erhalt dieser vielfältigen Landschaften ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Rotmilans.
(Thomas Heiduck
/
BUND Pfinztal)
Das Schwertblättrige Waldvögelein ist eine Orchideeen-Art. Sie wächst in lichten Wäldern, entlang von Waldwegen oder am Rand von Gebüschen. In Baden-Württemberg ist ist ihr Hauptstandort rund um die Schwäbische Alb. Die Pflanze blüht von Mai bis Anfang Juni. Ihre Blüten öffnen sich nur an warmen Tagen zur Mittagszeit.
(Heidi Witzmann)
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die scheue Wildkatze noch als wildes Raubtier und Nahrungskonkurrentin des Menschen angesehen und daher auch bei uns in Baden-Württemberg bis zur Ausrottung gejagt. Der BUND dokumentiert seit einigen Jahren, dass sich die Wildkatze langsam wieder ausbreitet. Bundesweit werden ihre Bestände aktuell auf 6.000 bis 8.000 Tiere geschätzt. Im stark zerschnittenen Automobilland Baden-Württemberg ist die Population in den letzten zehn Jahren von null auf immerhin eine niedrige dreistellige Zahl angewachsen.
Dank auch dem BUND-Projekt Rettungsnetz Wildkatze. Seit 2007 errichtet der BUND mit seinen Ehrenamtlichen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen, von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden.
(Thomas Stephan)
Wildschweine leben vorzugsweise in Laub- und Mischwäldern und suchen ihre Nahrung oft auf Feldern. Im Wald weisen weißgraue Baumrinden auf Wildschweine hin. Da die Tiere mit ihrem kurzen Hals lästige Parasiten nur schwer loswerden, suhlen sie sich gerne im Schlamm und scheuern sich danach an Bäumen mit grober Rinde. Beliebte "Malbäume" werden über Generationen genutzt und zeigen oft deutliche Einbuchtungen.
Die Wildschweinpopulation ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Maisfelder, Gärten und Mülltonnen locken die Tiere, die bis in Ballungszentren vordringen.
(Cornelia Arens
/
klickfaszination.de)
Jahrhundertelang hatte der Mensch den Wolf auf der Abschussliste, bis er schließlich in Deutschland ausgerottet war. Nun kehrt er auf leisen Pfoten zurück - auch nach Baden-Württemberg. Einzelne männliche Jungtiere streifen bereits durch die Wälder im Südwesten. Der Wolf ist für ein funktionierendes Ökosystem wichtig: Nur mit Beutegreifern wie dem Wolf können die menschlichen Eingriffe in Wildnisgebiete, wie die Regulation von Rehen, Rothirschen und Wildschweinen, halbwilden Pferden und Rindern, dauerhaft reduziert werden. Lebensraum und Nahrung gibt es für den Wolf im Südwesten genug. Der BUND setzt sich für ein friedliches Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf ein.
(Cornelia Ahrens
/
klickfaszination.de)
Zur Übersicht