BUND Landesverband
Baden-Württemberg

„Waldreport 2016“ Schatten und Licht

21. März 2016 | Wälder, Naturschutz

Massive Holzeinschläge, Fällungen wertvoller Altbäume, Kahlschläge und Bodenschäden – Der BUND zeigt in seinem Waldreport 2016 in Fallstudien aus elf Bundesländern, wie es um die deutsche Forstwirtschaft steht. Waldschützerinnen und Waldschützer des BUND haben bundesweit zwanzig positive und negative Beispiele zusammengetragen. Aus Baden-Württemberg kommt ein Positives: das Naturschutzgebiet Schenkenwald im Landkreis Ravensburg.

Massive Holzeinschläge, Fällungen wertvoller Altbäume, Kahlschläge und Bodenschäden  – Der BUND zeigt in seinem Waldreport 2016 in Fallstudien aus elf Bundesländern, wie es um die deutsche Forstwirtschaft steht. Waldschützerinnen und Waldschützer des BUND haben bundesweit zwanzig positive und negative Beispiele zusammengetragen. Aus Baden-Württemberg kommt ein Positives: das Naturschutzgebiet Schenkenwald im Landkreis Ravensburg. Gerhard Maluck, Sprecher der AG Wald in Baden-Württemberg, erklärt im Interview die Besonderheiten und wie es insgesamt um die baden-württembergischen Wälder steht:

Warum ist das Naturschutzgebiet Schenkenwald ein positives Beispiel für Sie als Waldschützer?

Der Schenkenwald mit seinen alten Eichen, Eschen und Linden ist im fichtenreichen württembergischen Oberland etwas Besonderes und Seltenes. Die Waldbewirtschaftung nimmt seit 1929 explizit Rücksicht darauf und stellt die ganze Bewirtschaftung darauf ab.

Was macht den Schenkenwald zu einem wertvollen Biotop?

Beinahe alle einheimischen Laubbaum-Arten kommen hier vor sowie Geophyten, andere Frühblüher und Eiszeit-Relikten alpiner Pflanzen, wie Märzenbecher, Schneeglöckchen, Aronstab, Weißer Germer, Bärlauch.

Zudem findet sich dort in einem seit über 80 Jahren beobachteten und durch circa 500 Nisthilfen geförderten Vogelschutzgebiet ein artenreiches Brutvogel- und Fledermaus-Vorkommen. Trauerschnäpper, Grauer Fliegenschnäpper, Hohltaube, Mittelspecht, Kleinspecht, Pirol, Baumläufer oder die Bechstein-Fledermaus sind dort anzutreffen.

Was machen Behörden und Förstereien gut im Schenkenwald?

Die Förster nehmen seit über 100 Jahren Rücksicht auf die Besonderheiten des Schenkenwalds, erhalten und fördern die Besonderheiten, investieren Zeit und Geld und verzichten bewusst auf monetäre Gewinnmaximierung.

Naturschutz-Behörden haben zwar inzwischen nahezu alle denkbaren Schutz-Kategorien über den Schenkenwald gelegt, haben aber dank der guten Zusammenarbeit und der nachweislich jahrzehntelangen schonenden und rücksichtsvollen Bewirtschaftung „die forstliche Nutzung unter pfleglicher Erhaltung des Waldbildes in seiner naturnahen Holzartenmischung“ (NSG_VO vom 02.08.1967) nicht weiter beschränkt. Die Förster tun aber nicht nur etwas, sondern sie informieren und diskutieren ihr Tun mit den Behörden, den Gemeinden und der Bevölkerung und nehmen Hinweise und Wünsche nicht nur ernst sondern setzen vieles davon auch aktiv um.

Wie sind BUND-Gruppen im Schenkenwald aktiv?

Die Ortsverbände Ravensburg-Weingarten und Fronreute-Wolpertswende arbeiten gut und vertrauensvoll mit den Förstern zusammen. Der Fronreute-Wolpertswende hat sich sogar nach dem „Schenkenwald“ benannt. Auf ihre Anregung hin wurde ein Netz von gemeinsam ausgewählten Habitat-Bäumen über den Wald gelegt, die dauerhaft von der Nutzung verschont und dem natürlichen Zerfall überlassen werden. Das Forstamt hat dann auf eigene Initiative eine flächendeckende Höhlenbaum-Kartierung und -Markierung vorgenommen und zusätzlich die in den Höhlen vorkommenden Arten erhoben.

Wie sieht es in den anderen Wäldern Baden-Württembergs aus?

Nicht überall wird so viel Rücksicht auf Belange des Naturschutzes genommen. Zwar hat die ForstBW ein vorbildliches Alt- und Totholz-Konzept herausgegeben sowie eine gute und breit angelegte „Waldnaturschutz-Konzeption“. Wenn man jedoch mit offenen Augen durch die Wälder geht, sieht man, dass nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Konzeptionen in die Praxis umsetzen. Und vor allem auch in der Stuttgarter „Betriebsleitung“ selbst sitzen ganz offensichtlich hochrangige Mitarbeiter mit weitreichender Entscheidungsbefugnis, denen im Zweifel das „Nettokassen-Ergebnis“ um einiges wichtiger ist als die Ziele der Waldnaturschutz-Konzeption.

Wie viel Prozent der öffentlichen Wälder sind in Baden-Württemberg verbindlich und dauerhaft ihrer natürlichen Entwicklung überlassen?

Hier ist Baden-Württemberg sogar unbestrittener bundesweiter Vorreiter: Bestehende Bannwälder, die Kerngebiete des Nationalparks und der Biosphärengebiete sowie die Waldrefugien und Habitat-Baumgruppen des Alt- und Totholz-Konzeptes werden zusammengenommen bis 2020 ziemlich exakt die 10 Prozent  Prozessschutz-Flächen erreichen! Das ist lobenswert!

Warum ist der Wald für Gemeinwohl und Menschen so wichtig?

Das ist ja heute wissensmäßiges Allgemeingut geworden: Der Wald als naturnahester Teil unserer Landschaft schützt unsere Böden vor Aushagerung und Erosion, er filtert und reinigt großflächig unser Trinkwasser, er mildert Klima-Extreme, entzieht der Luft in großem Umfang das klimaschädliche CO2 und speichert es langfristig, er reinigt die Luft von Schadstoffen, reichert sie mit Sauerstoff und Feuchtigkeit an, ist Rückzugsgebiet, Schutz- und Lebensraum für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Menschen ist er eine Oase der Ruhe und Erholung. Und außerdem liefert er uns mit seinem Holz einen vielseitig verwendbaren nachwachsenden Rohstoff.

  • Hier den „Waldreport 2016 Schatten und Licht" vom BUND lesen und herunterladen. 

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