Start Lockstock-Monitoring: Der Wildkatze auf der Spur

28. Januar 2022 | Artenschutz (BW), Lebensräume, Wildkatze, Wälder, Naturschutz, Naturschutzpolitik (BW), Biotopverbund (BW)

Aktive des BUND Steinachtal starten Lockstock-Monitoring, um Wildkatzen im südlichen Odenwald nachzuweisen.

BUND-Aktive schlagen Holzblock in den Waldboden ein. BUND-Aktive schlagen für das Monitoring die Holzplöcke für das Lockstock-Monitoring in den Waldnboden ein.  (Miriam Eisiger / BUND /BW)

Früher war sie in unseren Wäldern weit verbreitet. Doch dann wurde sie fast bis zur Ausrottung gejagt. Hinzu kommt, dass ihr Lebensraum Wald durch Straßen, Gewerbegebiete und Siedlungen zerschnitten und zerstört wurde. Doch in den letzten fünfzehn Jahren kehrt die Wildkatze langsam auf leisen Sohlen in den Südwesten zurück.  Um zu ermitteln, ob es hier tatsächlich Wildkatzen gibt, haben der BUND Steinachtal und der BUND Baden-Württemberg am Samstag (29. Januar) ein Wildkatzen-Monitoring im südlichen Odenwald gestartet. Die Europäische Wildkatze ist streng geschützt. Bundesweit stehen die Wildtiere auf der Roten Liste gefährdeter Arten.

Im Rhein-Neckar und im angrenzenden Neckar-Odenwald-Kreis haben sich in den letzten Jahren immer wieder die Hinweise verdichtet, dass die Wildkatze in der Gegend wieder heimisch ist. Zuletzt ist im Mai 2020 eine Wildkatze bei Hardheim in die Wildtierkamera-Falle getappt. Im August 2021 wurde dann genau an dieser Stelle eine Wildkatze überfahren. Der BUND Steinachtal und BUND Baden-Württemberg wollen es nun genau wissen und haben am Samstag (29. Januar) die Vorbereitungen für das Wildkatzen-Monitoring gestartet.

Fünfzehn BUND-Aktive im Alter von 15 bis 60 Jahren haben auf einer Fläche von 200 Quadratkilometern an zwanzig Stellen angeraute Holzpflöcke in den Waldboden geschlagen und mit Baldrian besprüht. Während der Ranz – der Paarungszeit der Wildkatzen - verlockt der Baldrian die Tiere, sich mit dem Kopf und Körper am Holz zu reiben. So hinterlassen sie Haare. Wöchentlich suchen nun die BUND-Aktiven bis Mitte April die Lockstöcke nach Haarproben ab und sammeln sie ein. Nach Abschluss des Monitorings sendet der BUND die Proben an das Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen. Anhand von Genanalysen stellt das Institut fest, ob es sich bei den Funden um Wildkatzenhaare handelt.

Verbundene Wälder sind überlebenswichtig

„Damit die Wildkatze und andere Wildtiere auch langfristig eine Überlebens-Chance haben, müssen wir unsere Wälder wieder miteinander verbinden. Sonst können die Tiere nicht zwischen den Wäldern umherwandern, um zu jagen und Fortpflanzungspartner zu finden“, so die BUND-Landesvorsitzende, Sylvia Pilarsky-Grosch. „Wir sehen das Land dringend in der Pflicht, den landesweiten Biotopverbund schleunigst umzusetzen und den Generalwildwegeplan bei Bauvorhaben zu beachten.“ Der Plan des Landes zeigt die teilweise letzten verbliebenen Möglichkeiten, einen großräumigen Waldverbund in dem stark von Straßen und Kulturlandschaften zerklüfteten Baden-Württemberg herzustellen.

Auch fordert der BUND Baden-Württemberg zum Schutz der Wildtiere mehr wilde Wälder. „Wilde Wälder sind naturnahe strukturreiche Waldgebiete mit beispielsweise Totholz. In umgestürzten Bäumen mit großen Wurzeltellern finden hier Wildkatzen-Mütter Schutz und Deckung für ihre Jungen. Solche naturnahen Wälder sind ungemein wichtig für das Überleben der Wildtiere“, so die Landesvorsitzende.

Ergebnisse helfen die Wildkatze zu schützen

Voraussichtlich im Frühsommer erhält der BUND die Ergebnisse des Senckenberg Forschungsinstitut. „Die Chancen stehen gut, dass wir Wildkatzen im südlichen Odenwald nachweisen können. Denn die Monitoring-Daten der letzten Jahre der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) weisen darauf hin, dass die Wildkatzen über den Odenwald aus Hessen hier nach Baden-Württemberg einwandern“, sagt Lilith Stelzner, Naturschutzreferentin beim BUND Baden-Württemberg. „Wenn wir wissen, wo die Europäische Wildkatze vorkommt, können wir sie am besten schützen. Rückt beispielsweise ein geplantes Gewerbegebiet zu nah an ihren Lebensraum, können die Aktiven vor Ort darauf hinweisen und gemeinsam mit den Vorhabensträgern Lösungen finden.“

Europäische Wildkatze: „die im Wald befindliche“

Der wissenschaftlich korrekte Artname der Wildkatze ist Felis silvestris (silvestris – „im Wald befindlich“. Tatsächlich verlässt die scheue Wilde ihren Lebensraum Wald kaum und so bekommen wir sie nur selten zu Gesicht. Tagsüber lebt sie im Verborgenen. Nur nachts verlässt sie ihre Verstecke und begibt sich auf Beute- und von Januar bis April auch auf Partnersuche. „Jetzt heißt es Daumen drücken“, so Stelzner. Wir sind aber zuversichtlich. Immerhin ist der Lebensraum hier mehr als geeignet und wir sind dank unserer Helfer*innen sehr gut vorbereitet.“

Der Mensch hatte die Wildkatze fast ausgerottet

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Wildkatze noch als wildes Raubtier und Nahrungskonkurrentin des Menschen angesehen und daher auch bei uns in Baden-Württemberg bis zur Ausrottung gejagt. Der BUND dokumentiert seit einigen Jahren, dass sich die Wildkatze langsam wieder ausbreitet. Bundesweit werden ihre Bestände aktuell auf 6.000 bis 8.000 Tiere geschätzt. Im stark zerschnittenen Automobilland Baden-Württemberg ist die Population in den letzten zehn Jahren von null auf immerhin eine niedrige dreistellige Zahl angewachsen.

Die Ausbringung der Lockstöcke erfolgt in Kooperation mit dem Bundesverband des BUND, dem Naturpark Neckartal-Odenwald e.V., der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau und vielen Förster*innen und Jäger*innen, die uns in den Wäldern Lockstöcke ausbringen lassen.

Über BUND-Projekt Rettungsnetz Wildkatze beim BUND Baden-Württemberg:

Mit seinem Projekt Rettungsnetz Wildkatze errichtet der BUND seit 2007 bundesweit mit vielen Ehrenamtlichen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen, von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden. Barrieren wie Straßen müssen mit Querungshilfen (beispielsweise Grünbrücken) überwindbar gemacht werden, sodass Wildkatzen und andere Wildtiere dort nicht mehr zu Tode kommen.

Im Juni 2016 wurde der erste BUND-Wildkatzenkorridor in Baden-Württemberg zwischen Herrenberg und Nufringen eingeweiht. Der Startschuss zur Errichtung des zweiten Korridors in unserem Bundesland folgte im März 2018 im Landkreis Ludwigsburg. Dabei arbeitet der BUND mit der Forstverwaltung und dem Landschaftserhaltungsverband im Kreis Ludwigsburg zusammen. Das BUND-Ziel in Baden-Württemberg ist es, dass die Wildtiere künftig sicher vom Nordschwarzwald zum Schönbuch bis hin zum Schwäbisch-Fränkischen Wald hin und her wandern können.

Kontakt für Rückfragen:

 

Bildstrecke zum Lockstock-Monitoring im Steinachtal:

(für mehr Infos bitte auf die Fotos klicken)

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