Klimakrise bedeutet Waldkrise: Trockene und heiße Sommer machen unseren Wäldern schwer zu schaffen; nur noch jeder vierte Baum ist gesund.
(Marcel Heinzmann
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Hitzesommer mit Ernteausfällen in Milliardenhöhe, Dürre, Minimalwasserstände und Fischsterben in unseren Flüssen im einen Jahr; heftige Gewitter und Regenfälle mit immensen Überflutungen und Hochwasser im Folgejahr: Die Auswirkungen der Klimakrise sind in unserem Alltag deutlich spürbar. „Es ist mittlerweile unbestreitbar: Wir müssen unser Leben und unsere Lebensweise verändern, um die Klimakrise auszubremsen und zu lernen, mit den Auswirkungen umzugehen. Wenn wir jetzt nicht handeln, sieht es schlecht für uns Menschen aus“, sagt Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND.
Der BUND Baden-Württemberg steuert in den kommenden Monaten verschiedene Stationen im Südwesten an, um exemplarisch vor Ort einen Aspekt der Klimakrise in den Blick zu nehmen. Dabei präsentiert der BUND mögliche Gegenmaßnahmen und politische Forderungen. Beim zweiten Termin der Reihe betrachtet der Verband die Zusammenhänge zwischen Klimawandel, Waldsterben und intensiver Forstwirtschaft. „Wälder gehören zu unseren wichtigsten Verbündeten im Kampf gegen die Klimakrise“, so die BUND-Landeschefin. Gesunde Wälder saugen CO2 aus der Atmosphäre und speichern es. Alten und natürlichen Wäldern gelingt das am besten.
Außerdem ist in Bäumen und im Waldboden sehr viel Kohlenstoff gespeichert. Dieser würde zusätzlich in die Atmosphäre gelangen, wenn unsere Wälder sterben. In Extremjahren speichern Bäume weniger CO2 als üblich. Unterm Strich könnten die Wälder so langfristig selbst zu Kohlenstoffquellen werden. „Damit Wälder nicht zu Brandbeschleunigern der Klimakrise werden, brauchen wir einen Richtungswechsel in der Forstwirtschaft. Öffentliche Fördergelder dürfen nicht für waldschädliche Maßnahmen wie Wegeneubau, sondern nur für schonende oder gar keine Bewirtschaftung eingesetzt werden“, so Pilarsky-Grosch.
Gesunde Wälder können beides: Klimaschutz und Klimaanpassung
Gesunde und stabile Wälder helfen, die Auswirkungen der Klimakrise abzuschwächen: Bäume, Sträucher und Waldboden bilden zusammen einen enormen Wasserpuffer – bei Starkregen nimmt der Wald Wasser auf und hilft so, Hochwasser abzumildern. Gesunde Wälder zehren vom gespeicherten Wasser länger als offene Landschaften. Sie sind außerdem gigantische Klimaanlagen, die ihre Umgebung um mehrere Grad Celsius abkühlen.
Teufelskreis: Klimakrise und intensive Forstwirtschaft
Nicht nur die Klimakrise, sondern auch die Art der Bewirtschaftung beeinflussen die Widerstandsfähigkeit unserer Wälder. Der Klimawandel mit Hitze, Dürre und Stürmen hat intensiv bewirtschaftete und monotone Nadelforste in den letzten Jahren hart getroffen. Mit Blick auf Rendite statt auf Standort-Eignung wurden vielerorts Fichten gepflanzt. Dagegen passen sich artenreiche und naturnahe Wälder besser an, weil das Risiko von Schäden breiter gestreut ist. Denn stirbt eine Baumart aus, überleben immer noch andere Arten, die den Wald erhalten. An gesunden Bäumen können sich Baum-Schädlinge – wie die Borkenkäferarten Buchdrucker oder Kupferstecher – viel langsamer ausbreiten. „Die Forstwirtschaft muss sich mehr an den natürlichen Prozessen im Wald orientieren“, sagt Christoph Schramm, Wald-Referent beim BUND Baden-Württemberg. „Konkret heißt das: keine großflächigen Kahlschläge, weniger Durchforstungen und vor allem mehr standortangepasste Mischwälder aus Naturverjüngung. Nur so können unsere Wälder auch ihre zahlreichen Funktionen erhalten und Lebensraum für Tausende Tier-, Pflanzen- und Pilzarten bieten.“
Vorort-Termin: Waldschäden bei Weilheim/Südschwarzwald
Besonders sichtbar sind die Folgen der Klimakrise für unsere Wälder im Südschwarzwald, wo Fichtenforste dominieren. „Stellenweise sind bis zu 80 Prozent der Fichten abgestorben“, schildert Josef Burghardt-Bergér, Mitglied im Vorstand des BUND Hochrhein. „Die Fichten, die nicht durch Dürre oder Stürme abgestorben sind, sind jetzt geschwächt und deswegen leichte Beute für den Borkenkäfer. Zudem wiederholen viele Waldbewirtschafter*innen ihre Fehler aus der Vergangenheit“, weiß Burghardt-Bergér. „Häufig räumen sie gestörte Waldflächen vollständig und forsten sie mit viel Aufwand wieder mit einer einzelnen Baumart auf.“ Der BUND fordert daher, dass abgestorbene Bäume und geschädigte Flächen im Wald liegen bleiben. Denn sie erfüllen zahlreiche wichtige Funktionen für das Ökosystem: Stehendes und liegendes Totholz ist nicht nur ein wertvoller Lebensraum für Käfer und Spechte, sondern auch ein natürlicher Schutz für die nächste Waldgeneration.
Waldsterben 3.0 verhindern
„Die Wald-Schäden sind so stark, dass wir von einem Waldsterben 3.0 sprechen können. Um das zu verhindern, müssen wir unseren Umgang mit dem Wald grundlegend ändern. Der BUND setzt sich dafür ein, dass wieder mehr Waldwildnisgebiete entstehen und dass die Forstwirtschaft in bewirtschafteten Wäldern naturfreundlich wird“, so die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch.
Weiter Informationen:
Kontakt für Rückfragen
- Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND); Landesverband Baden-Württemberg e.V., sylvia.pilarsky-grosch(at)bund.net
- Christoph Schramm, Waldreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND); Landesverband Baden-Württemberg e.V., christoph.schramm(at)bund.net, 0711 – 62030612
Artenvielfalt im Wald
Unsere Wälder beherbergen Tausende Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Die Bildergalerie bietet einen kleinen Einblick in die Artenvielfalt im Wald.
Der Alpenbock gehört zu den auffälligsten Erscheinungen der heimischen Käferwelt. Sein Körper ist graublau bis hellblau gefärbt. Dort, wo es die auf Holz angewiesenen Käfer gibt, ist der Wald noch "in Ordnung", naturnah und mit viel Totholz in verschiedenen Zerfallsstadien ausgestattet. Im Wirtschaftswald (Forst) dagegen werden die meisten Bäume gefällt, das Holz also "geerntet", lange bevor die Käfer sich darin einnisten könnten. Dies wirkt sich bedrohlich auf die Bestandszahlen unserer Waldkäferarten aus.
In Deutschland kommt der Alpenbock nur in den bayrischen Nordalpen und im südlichen Baden-Württemberg vor. Daher haben wir hier eine besondere Verantwortung für die in Mitteleuropa sehr seltene Art.
(Albrecht Nissler)
In Deutschland kommen Gelbbauchunken bei uns im Süden und Westen vor. Sie mögen es gerne feucht und gut besonnt. So leben sie vor allem in Abgrabungen, auf Industriebrachen und auf Truppenübungsplätzen mit temporären Klein- und Kleinstgewässern in Wäldern. Auch Traktorspuren und Pfützen nutzen sie gerne. An Land suchen sie sich Verstecke unter Steinen, Totholz und in Felsspalten. Gelbbauchunken stehen in der Kategorie 2 (Stark gefährdet) der Roten Liste. Ihren Namen haben die Unken der Schreckstellung bei drohender Gefahr zu verdanken. Arme und Beine werden dann nämlich hoch gehoben. Dadurch wird die gelbe Färbung an der Unterseite des Krötenbauches sichtbar.
(Wolfgang/fotolia.com)
Der Hirschkäfer ist mit seinen acht Zentimetern Länge der größte Käfer hier zu Lande. Besonders auffällig sind die Männchen, wenn sie abends - fast aufrecht in der Luft stehend - durch lichte Wälder oder entlang von Waldrändern fliegen und geeignete Paarungs-Plätze ansteuern. In Baden-Württemberg ist die Art als gefährdet eingestuft. Bester Schutz für diese Käfer-Art ist der Erhalt von alten Eichen in Wäldern. Wichtig für den Käfer sind auch Totholzstämme, da sich seine Larven ausschließlich von abgestorbenem Holz ernähren.
(Albrecht Nissler)
Im 19. Jahrhundert war der Luchs auch bei uns im Süden noch heimisch. Doch die Großkatze wurde dann als gefährliches Raubtier und Jagdkonkurrent eingestuft. Landwirte fürchteten um ihr Vieh und eröffneten schonungslos die Jagd. Die traurige Bilanz: Eigenständig entstandene Populationen gibt es in Mitteleuropa kaum mehr. Das Pinselohr ist hauptsächlich dämmerungs- und nachtaktiv. Es lebt überwiegend im Wald und lebt dort sehr im Verborgenen, die Menschen kriegen den Luchs fast nie zu sehen.
(Cornelia Ahrens
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klickfaszination.de)
Pilze spielen auch eine wichtige Rolle in Ökosystemen. Viele Bäume bilden Symbiosen, also Lebensgemeinschaften, mit Pilzen. Die Pilzfäden im Boden sind viel dünner als die Feinwurzeln von Pflanzen. So können sie Nährstoffe und Wasser im Boden erschließen, die für Bäume unerreichbar sind. Die Pilze vernetzen sich mit den Wurzeln der Bäume und tauschen diese Nährstoffe gegen Kohlenhydrate von Pflanzen, die sie nicht selbst herstellen können. Außerdem zersetzen Pilze abgestorbene Biomasse, sodass die darin enthaltenen Nährstoffe wieder für Pflanzen verfügbar sind.
(Charlotte Oberteis)
Sein Name geht auf einen gruseligen und grausamen Aberglauben zurück. Die Menschen im Mittelalter warfen Feuersalamander haufenweise ins Feuer. Sie dachten, dass deren Hautsekret tatsächlich Brände löschen könnte. Zum Glück stehen die Tiere heute unter Naturschutz. Feuersalamander mögen es gerne feucht und schattig. Sie leben in Laubmischwäldern mit kühlen Quell-Bächen und -Tümpeln. Sie gehen bevorzugt bei warmem Regen auf Jagd. Auf ihrem Speiseplan stehen Bachflohkrebse, Schnecken, Würmer und nicht allzu flinke Insekten. Ihre Beute nehmen sie vor allem über den Geruch wahr. Bei uns im Südwesten Deutschlands leben relativ viele Feuersalamander. Daher kommt Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung für den schwarz-gelben Lurch zu.
(Dieter Paulus)
Baden-Württemberg ist weltweit ein Hotspot des Rotmilans. Der Greifvogel mag abwechslungsreiche Landschaften mit Wäldern, Weiden, Wiesen, Hecken, Gehölzen und Feldrändern. Der Rotmilan brütet gerne in lichten Altholzbeständen und Waldrändern. Der Erhalt dieser vielfältigen Landschaften ist ein wichtiger Beitrag zum Schutz des Rotmilans.
(Thomas Heiduck
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BUND Pfinztal)
Das Schwertblättrige Waldvögelein ist eine Orchideeen-Art. Sie wächst in lichten Wäldern, entlang von Waldwegen oder am Rand von Gebüschen. In Baden-Württemberg ist ist ihr Hauptstandort rund um die Schwäbische Alb. Die Pflanze blüht von Mai bis Anfang Juni. Ihre Blüten öffnen sich nur an warmen Tagen zur Mittagszeit.
(Heidi Witzmann)
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die scheue Wildkatze noch als wildes Raubtier und Nahrungskonkurrentin des Menschen angesehen und daher auch bei uns in Baden-Württemberg bis zur Ausrottung gejagt. Der BUND dokumentiert seit einigen Jahren, dass sich die Wildkatze langsam wieder ausbreitet. Bundesweit werden ihre Bestände aktuell auf 6.000 bis 8.000 Tiere geschätzt. Im stark zerschnittenen Automobilland Baden-Württemberg ist die Population in den letzten zehn Jahren von null auf immerhin eine niedrige dreistellige Zahl angewachsen.
Dank auch dem BUND-Projekt Rettungsnetz Wildkatze. Seit 2007 errichtet der BUND mit seinen Ehrenamtlichen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen, von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden.
(Thomas Stephan)
Wildschweine leben vorzugsweise in Laub- und Mischwäldern und suchen ihre Nahrung oft auf Feldern. Im Wald weisen weißgraue Baumrinden auf Wildschweine hin. Da die Tiere mit ihrem kurzen Hals lästige Parasiten nur schwer loswerden, suhlen sie sich gerne im Schlamm und scheuern sich danach an Bäumen mit grober Rinde. Beliebte "Malbäume" werden über Generationen genutzt und zeigen oft deutliche Einbuchtungen.
Die Wildschweinpopulation ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Maisfelder, Gärten und Mülltonnen locken die Tiere, die bis in Ballungszentren vordringen.
(Cornelia Arens
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klickfaszination.de)
Jahrhundertelang hatte der Mensch den Wolf auf der Abschussliste, bis er schließlich in Deutschland ausgerottet war. Nun kehrt er auf leisen Pfoten zurück - auch nach Baden-Württemberg. Einzelne männliche Jungtiere streifen bereits durch die Wälder im Südwesten. Der Wolf ist für ein funktionierendes Ökosystem wichtig: Nur mit Beutegreifern wie dem Wolf können die menschlichen Eingriffe in Wildnisgebiete, wie die Regulation von Rehen, Rothirschen und Wildschweinen, halbwilden Pferden und Rindern, dauerhaft reduziert werden. Lebensraum und Nahrung gibt es für den Wolf im Südwesten genug. Der BUND setzt sich für ein friedliches Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf ein.
(Cornelia Ahrens
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klickfaszination.de)
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