BUND Landesverband
Baden-Württemberg

Mobilitätswende-Allianz will Landtagsabgeordnete beim Wort nehmen

11. März 2021 | Klimaschutz (BW), Klimawandel, Mobilität, Verkehr (BW)

Eine Milliarde mehr pro Jahr für den Umweltverbund – mit dieser Forderung wollte die Allianz Mobilitätswende alle Kandidierenden für den Landtag konfrontieren. Drei Tage vor der Wahl zieht das Bündnis Bilanz.

Die Mobilitätswende für Baden-Württemberg ist eine breite Allianz von umwelt- und verkehrspolitischen Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, kirchlichen Institutionen und Einzelpersonen.  (Allianz Mobilitätswende)

„Wir haben es selbst kaum für möglich gehalten“, fasst Romeo Edel, Sozialpfarrer und einer der beiden Sprecher des Bündnisses, seine Erfahrungen der letzten sechs Wochen zusammen. Hatte er doch gegenüber dem Lenkungskreis der Mobilitätswende-Allianz das ehrgeizige Ziel aufgestellt, in 30 der 70 Wahlkreise Debatten mit Landtagskandidaten zum Thema Klima und Verkehrswende durchzuführen. Doch in Zusammenarbeit mit lokalen Veranstaltern wurde dieses Ziel sogar übertroffen. Auf virtuellen Podien in 38 Wahlkreisen ging es um das Klimaschutzziel von Paris, um die Zukunft des Autos und des öffentlichen Nahverkehrs, um die Neuaufteilung des Straßenraums, bessere Anbindungen für den ländlichen Raum und immer wieder um die Förderung des Fahrradverkehrs. Insgesamt rund 1.500 Wählerinnen und Wähler konnten mit ihren Kandidierenden diskutieren. Knapp 300 der 420 Kandidatinnen und Kandidaten füllten die acht Wahlprüfsteine der Allianz aus, unter ihnen auch der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann. Die Antworten sind, sortiert nach Wahlkreis und Partei, auf der Website der Allianz einsehbar.


Die Milliardenfrage – kein Schocker mehr

Was Matthias Lieb, den Landesvorsitzenden des alternativen Verkehrsclubs VCD, Mitveranstalter vieler Debatten, besonders überraschte, war dass die Forderung nach einer Milliarde Euro im Jahr von den meisten Kandidierenden aller Parteien mitgetragen wurde. „Die Mobilitätswende ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, schlussfolgert Lieb. „Umgerechnet sind das 90 Euro pro Kopf der Bevölkerung, die leicht wieder eingespart werden können, wenn die einseitige Förderung des Autoverkehrs zurückgefahren wird. Als Beispiele hierfür nennt er den Ausbau von Landesstraßen, kostenlose Parkplätze in der Innenstadt und die Gesundheitskosten, die durch Unfälle und Autoabgase verursacht werden.

Großen Anklang beim Publikum fanden Veranstaltungen des Fahrradclubs ADFC. Kein Wunder, gibt es doch im „Autoland“ mehr Fahrräder als Autos, nämlich durchschnittlich eines pro Einwohner. Die Hälfte aller Neuanschaffungen sind E-Bikes. Kandidierende aller Parteien nutzen den Drahtesel auf dem Weg zur Arbeit und in der Freizeit. „Das hilft uns hoffentlich dabei“, so Gudrun Zühlke, Landesvorsitzende des ADFC Baden-Württemberg, „dass in der nächsten Legislaturperiode mit verbesserten Rahmenbedingungen und verlässlicher Förderung ein sicheres, selbsterklärendes dichtes Radnetz im Land entsteht, das für Menschen von 8 bis 88 geeignet ist“.

Mia Koch, Abteilungsleiterin für Strukturpolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB): „Die Kampagne für eine Mobilitätswende in Baden-Württemberg nimmt selbstverständlich auch die Interessen der Beschäftigten in den Blick. Jetzt kommt es darauf an, dass nach der Landtagswahl die Weichen richtig gestellt werden: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs erfordert mehr Personal. Dabei müssen die Kriterien guter Arbeit eingehalten werden. Die neue Landesregierung muss die

Transformation in der Automobilindustrie gemeinsam mit Gewerkschaften und Betriebsräten aktiv gestalten. Die Beschäftigten erwarten auch in Zukunft sichere Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen. Der Pendelverkehr muss zeitnah verbessert werden. Auch daran werden wir die gewählten Landtagsabgeordneten erinnern.“

“Die Bürgerinnen und Bürger würden gerne auf Bus und Bahn umsteigen“, resümiert Matthias Lieb, Landesvorsitzender des alternativen Verkehrsclubs VCD seine Erfahrung aus den Veranstaltungen, „doch dazu ist ein gutes Nahverkehrsangebot notwendig, gerade im ländlichen Raum, mit Verbindungen auch abends und am Wochenende“. Notwendig seien klare Finanzierungsregelungen und mehr Geld bei den Aufgabenträgern.

"Ein Antriebswechsel allein ist keine Lösung.“

Allerdings, so Jobst Kraus, ehrenamtlicher Landesbeauftragter für nachhaltige Entwicklung beim BUND Landesverband, seien bei einigen Kandidierenden auch Politikkonzepte deutlich geworden, die dem Ausmaß der Herausforderung nicht gewachsen seien: „Um die globale Temperaturerhöhung auf 1,5 Grad zu begrenzen müssen wir die Treibhausgase ambitioniert und so rasch wie möglich gerade im Verkehrsbereich reduzieren, wo diese Emissionen seit 1990 um 13 Prozent gestiegen sind. Ein Antriebswechsel allein ist da keine Lösung.“ Vielmehr brauche es weniger und bessere, gerade auch leichtere Autos. „Die Mobilitätswende muss in den Köpfen beginnen und zu einer breiten Bereitschaft zum Umstieg führen – auf das Fahrrad, den ÖPNV und die notwendigen Carsharing-Angebote“, so Kraus. Diese neue Mobilitätskultur gelinge durch einen schrittweisen Umbau unserer Dörfer und Städte. Innenstädte müssten wieder lebendig werden. Bei weniger Straßenverkehr hätten die Menschen die Chance, sich den öffentlichen Raum zurückzuerobern.

 

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