++ Gemeinsame Pressemitteilung von BUND Baden-Württemberg und Landschaftserhaltungsverband Enzkreis e. V. ++
Derzeit werden im Rahmen des Projekts „220 Amphibiengewässer“ zahlreiche Gewässer in ganz Baden-Württemberg saniert. Wie vor Ort wieder Lebensräume für die bedrohten Tiere entstehen können, zeigte der BUND Baden-Württemberg heute gemeinsam mit den Partner*innen vor Ort in Ötisheim im Enzkreis.
Ötisheim. Der BUND Baden-Württemberg gab heute, Donnerstag, den 19. Oktober 2023, gemeinsam mit Partner*innen und Unterstützer*innen, Einblicke in die konkrete Umsetzung und die Fortschritte im landesweiten Projekt „220 Amphibiengewässer – ein Feuerwehrprogramm für Amphibien in Baden-Württemberg“ in Ötisheim im Enzkreis. Dr. Hilde Neidhardt, erste Landesbeamtin im Enzkreis, Geschäftsführerin Inga Schraud und Nena Raabe vom Landschaftserhaltungsverband Enzkreis, Thomas Köberle und Michael Hudak vom BUND Mühlacker sowie Projektleiterin Sarah Christmann vom BUND Baden-Württemberg stellten dabei eines der insgesamt fünf Gewässer vor, die im Enzkreis im Zuge des Projekts saniert werden. Landesweit sollen im Projekt insgesamt 220 Gewässer so instandgesetzt werden, dass diese für Amphibien wieder zum Laichen geeignet sind.
Enzkreis aktiv für den Artenschutz
„Das Projekt wurde letztes Jahr aus der Not geboren, dass die heimischen Amphibienarten sehr unter Stress stehen – deshalb heißt es auch Feuerwehrprogramm“, erklärt Dr. Hilde Neidhardt, erste Landesbeamtin des Enzkreises, die Notwendigkeit der Maßnahme. Eine Ursache des Rückgangs der heimischen Amphibien ist unter anderem der fortschreitende Verlust geeigneter Laichgewässer aufgrund von fehlender Pflege oder zunehmender Trockenheit. Umso wichtiger ist es, bestehende Gewässer wiederherzustellen und nachhaltig zu pflegen. „Naturschutz kann man nicht vom Schreibtisch aus machen. Er ist getragen vom Ehrenamt und braucht ein gutes Miteinander aller Beteiligten. Hier im Enzkreis wurden viele Gewässer für das Projekt gemeldet, aber es gab auch viele tatkräftige Menschen, die die Maßnahmen vor Ort umsetzten. Wir bemühen uns, das auch weiterhin gut zu machen.“
Umsetzung der Maßnahmen vor Ort
„Nach der Meldung eines Gewässers ist der erste Schritt für uns, vor Ort zu gehen, um die Fläche zu beurteilen und uns notwendige Maßnahmen zu überlegen“, erklärt Inga Schraud, Geschäftsführerin des Landschaftserhaltungsverbands Enzkreis das weitere Vorgehen. Im nächsten Schritt wird dann etwa geklärt, wem die Fläche gehört oder welche weiteren Behörden beteiligt werden müssen, bevor die Maßnahme schließlich in das Kreispflegeprogramm aufgenommen wird. „Das ist zwar ein langer Vorlauf, aber dann kann die Umsetzung schnell gehen. Hier haben wir zunächst Gehölze im nahen Umfeld entfernt und zurückgeschnitten. Das Gewässer wurde dann mit Hilfe eines Baggers aufwändig vom Schlamm befreit“, so Inga Schraud. Die Maßnahme war ein voller Erfolg: Die Sumpfbepflanzung hat sich rasch wieder eingestellt, außerdem wurde bereits einen Monat nach der Sanierung Grasfrosch-Laich gefunden. Die Landschaftserhaltungsverbände nehmen bei den Gewässersanierungen eine Schlüsselrolle ein, denn die Sanierungen gelingen nur dann, wenn es vor Ort sowohl haupt- als auch ehrenamtliche Amphibienschützer*innen gibt.
Wiederherstellen von Lebensräumen dank aktivem Ehrenamt
Viele ehrenamtlich Aktive des BUND und anderer lokaler Naturschutzgruppen unterstützen das Projekt „220 Amphibiengewässer“ tatkräftig und wissen, wie es um den Natur- und Artenschutz vor Ort steht. Stellvertretend vor Ort waren Thomas Köberle und Michael Hudak vom BUND Mühlacker sowie Hermann Seufer, Regionalbetreuer Enzkreis Amphibien/Reptilien-Biotop-Schutz Baden-Württemberg e. V. (ABS). „Diese Fläche hier in Ötisheim war einmal sehr artenreich und Heimat für Grasfrosch, Erdkröte, Springfrosch aber auch Feuersalamander sowie alle vier heimischen Molcharten. Dann ist sie durch Vegetation und Schlamm weitgehend verlandet und es gab keine Tiere mehr vor Ort“, beschreibt Thomas Köberle die Lage vor der Sanierung. „Dabei ist das Potenzial für Amphibien hier vorhanden: ganzjährig Wasser und keine großen Straßen in der Nähe“, so der BUND-Aktive. Neben der Sanierung solcher verlandeten Gewässer sei es aber auch wichtig, dass mit Hilfe der Biotopverbundplanung im Enzkreis wieder Leitstrukturen wie Hecken zwischen den Laichgewässern und den Winterquartieren der Amphibien entstehen.
Gemeinsames Projekt „220 Amphibiengewässer“ koordiniert vom BUND
„Ich freue mich, dass es neben der vorbildhaften Umsetzung hier im Enzkreis noch weitere Landkreise gibt, die sich aktiv einbringen. Unser Ziel, 220 Gewässer in nur zwei Jahren wiederherzustellen, ist aber noch nicht erreicht und weitere Unterstützer*innen willkommen“, erklärt Sarah Christmann, Projektleiterin beim BUND Baden-Württemberg. „Meine Aufgabe ist dabei, die verschiedenen Akteur*innen im Projekt zu koordinieren und bei der Umsetzung der Maßnahmen zu unterstützen“, betont sie. Im Fokus der Sanierungen stehen vor allem Erdkröte und Grasfrosch. So soll den besorgniserregenden Bestandseinbrüchen der letzten Jahre dieser im Land noch weiter verbreiteten Arten entgegengewirkt werden. Das Projekt wird durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg gefördert und vom BUND Baden-Württemberg in Kooperation mit dem ABS und dem NABU koordiniert. Aktive aller Naturschutzverbände haben die sanierungsbedürftigen Flächen gemeldet und unterstützen die Maßnahmenumsetzungen vor Ort. 32 Gewässer wurden in BW bereits wiederhergestellt. „Mit den Gewässersanierungen allein ist es jedoch nicht getan. Ein landesweites Amphibienschutzprogramm, das dem Projekt nachfolgen wird, soll die notwendigen Rahmenbedingungen für einen dauerhaften Amphibienschutz in Baden-Württemberg gewährleisten“, betont Sarah Christmann.
Weitere Informationen:
BUND-Projekt „220 Amphibiengewässer“: Das massive Artensterben geht leider auch an den 19 Amphibienarten in Baden-Württemberg nicht vorbei. Von Bestandsrückgängen sind inzwischen sogar (ehemals) häufige Arten wie Erdkröte und Grasfrosch betroffen. Die Zahl der Grasfrösche in Baden-Württemberg ist in den letzten 60-70 Jahren Annahmen zufolge um über 95 Prozent gesunken. Eine Ursache des dramatischen Rückgangs ist unter anderem der fortschreitende Verlust geeigneter Laichgewässer. Alle heimischen Arten mit Ausnahme des Alpensalamanders sind für ihre Fortpflanzung auf Gewässer angewiesen. Außerdem spielen der fehlende Biotopverbund und der Verlust von Landlebensräumen eine Rolle für den Rückgang der Arten. Weitere Einflussfaktoren sind beispielsweise die Nahrungsknappheit durch das Insektensterben, der Einsatz von Pestiziden oder der zunehmende Straßenverkehr. Mithilfe der Sanierung von 220 Amphibiengewässern will der BUND BW in Kooperation mit ABS und NABU und dank der Förderung des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft dem Rückgang gegenwirken. Der überwiegende Teil der 44 baden-württembergischen Land- und Stadtkreise unterstützt das Vorhaben aktiv und tatkräftig. Unterstützung kommt sowohl aus dem haupt- wie auch ehrenamtlichen Amphibienschutz.
Das Projekt in Kürze:
- Vollständiger Projekttitel: „220 Amphibiengewässer – ein Feuerwehrprogramm für Amphibien in Baden-Württemberg “
- Projektlaufzeit: Juli 2022 bis Juni 2024
- Förderung: Gefördert durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
- Projektbeteiligte: BUND Landesverband Baden-Württemberg, Amphibien/Reptilien-Biotopschutz (ABS) Baden-Württemberg, NABU Landesverband Baden-Württemberg
- Unterstützer*innen: Landschaftserhaltungsverbände, untere Naturschutzbehörden, untere Forstbehörden, Forst BW, Gemeindeverwaltungen, Stadtverwaltungen, ehrenamtliche Amphibienschützer*innen, Regierungspräsidien, ggf. weitere Zuständige und Beteiligte
- Projektseite: www.bund-bawue.de/amphibienprojekt
- Überblick über die bereits sanierten Gewässer: https://www.bund-bawue.de/tiere-pflanzen/artenschutz/amphibienprojekt/amphibiengewaesser-uebersicht-der-sanierungen/
Fotos:
Fotos des Termins können für redaktionelle Zwecke mit Angabe des*der Fotoautoren*in im Zusammenhang mit der Berichterstattung zum Projekt honorarfrei verwendet und hier herunterladen werden: https://cloud.bund.net/index.php/s/QE8XcmEQsHAgXTr
Kontakt für Rückfragen:
- Sarah Christmann, Projektleiterin „220 Amphibiengewässer“, BUND Baden-Württemberg, sarah.christmann(at)bund.net, 0711 620306-24, mobil: 0152-56793051
- Ramona Fritz, Referentin für Öffentlichkeits- und Pressearbeit, BUND Baden-Württemberg, ramona.fritz(at)bund.net, 0711 620306-17