Früher war sie in unseren Wäldern weit verbreitet. Doch dann wurde sie fast bis zur Ausrottung gejagt. Ihr Lebensraum Wald wurde durch Straßen, Gewerbegebiete und Siedlungen zerschnitten und zerstört. In den letzten fünfzehn Jahren ist die Wildkatze wieder nach Baden-Württemberg zurückgekehrt. Im Juni hat eine Wildkamera bei Oberstenfeld wahrscheinlich eine Wildkatze aufgenommen. Daher hat der BUND ein Wildkatzen-Monitoring mit Lockstöcken gestartet. Europäische Wildkatzen sind streng geschützt. Sie stehen bundesweit auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten.
Um den Wildkatzen auf die Spur zu kommen, haben BUND-Aktive Mitte Januar Holzpflöcke an zwölf Orten im Bottwartal aufgestellt und mit Baldrian eingesprüht. Während der Paarungszeit von Januar bis Anfang April verlockt der Baldrian die Tiere, sich am Holz zu reiben. So hinterlassen sie ihre Haare. Zehn naturbegeisterte BUND-Aktive im Alter von 15 und 65 suchen nun einmal pro Woche die Lockstöcke nach Haarproben ab und sammeln sie ein. Nach Abschluss des Monitorings sendet der BUND die Proben an das Labor für Wildtiergenetik der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Anhand von Genanalysen stellt das Institut fest, ob es sich bei den Funden um Wildkatzenhaare handelt.
„Der eindeutige Nachweis wäre ein enormer Erfolg“
„Die Lockstöcke und die genetischen Untersuchungen helfen uns, Wildkatzen zu identifizieren. Eindeutige Nachweise wären ein enormer Erfolg für unsere Arbeit und die vielen Aktiven des BUND“, sagt Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. „Denn genau an dem Ort, an dem vermutlich die Wildkatze vor die Kamera gelaufen ist, beginnt der vom Schwäbisch-Fränkischen Wald zum Stromberg verlaufende Wildkatzenkorridor, den der BUND-Kreisverband Ludwigsburg mit seinen Ehrenamtlichen seit 2017 plant und errichtet.“
Ergebnisse unterstützen weitere Wildkatzenschutz-Projekte
Etwa zwei Monate nachdem die Proben eingegangen sind, erhält der BUND die Ergebnisse der Senckenberg Gesellschaft. Die Funde werden in einer bundesweiten Wildkatzenkarte eintragen. Die Karte mit den Verbreitungsnachweisen hilft dem Umwelt- und Naturschutzverband bei der Planung und Umsetzung weiterer Wildkatzenschutz-Projekte, wie beispielsweise bei der Pflanzung weiterer Sträucher entlang der bestehenden Wildkatzen-Korridore oder bei der Errichtung neuer Korridore. Zudem bekräftigen neue Wildkatzen-Nachweise die Forderungen des BUND an die Landesregierung, weitere Querungshilfen, wie beispielsweise Grünbrücken, zu schaffen.
Die scheue Wilde bekommt man nur selten zu Gesicht. Tagsüber lebt sie im Verborgenen. Nur nachts verlässt sie ihre Verstecke und begibt sich auf Beute- und von Januar bis April auch auf Partnersuche. „Jetzt heißt es Daumen drücken“, so Andrea Lehning, Wildkatzen-Expertin beim BUND und promovierte Biologin. „Bislang konnten im Bottwartal noch keine Wildkatzen nachgewiesen werden. Wir erwarten aber, dass sie sicher bald einwandern, wenn das nicht in den letzten Jahren bereits geschehen ist. Das Monitoring wird uns bei unserer Arbeit in Sachen Wildkatzenschutz enorm weiterhelfen.“
Mitmachen
Dieses Frühjahr stehen für die Aktiven des BUND erste Pflanzaktionen gemeinsam mit zwei Korridorgemeinden im Landkreis Ludwigsburg sowie Schulklassen an. Interessierte können sich beim BUND über geplante Ausstellungen und Vorträge informieren. „Leider schränkt uns die Pandemie ein, Veranstaltungen konkreter zu planen. Interessierte können sich aber gerne bei mir oder dem BUND in Marbach und Ludwigsburg melden und nach Mitmach-Möglichkeiten, Vorträgen oder geplanten Ausstellungen fragen“, so Lehning.
Der Mensch hatte die Wildkatze fast ausgerottet
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Wildkatze noch als wildes Raubtier und Nahrungskonkurrentin des Menschen angesehen und daher auch bei uns in Baden-Württemberg bis zur Ausrottung gejagt. Der BUND dokumentiert seit einigen Jahren, dass sich die Wildkatze langsam wieder ausbreitet. Bundesweit werden ihre Bestände aktuell auf 6.000 bis 8.000 Tiere geschätzt. Im stark zerschnittenen Automobilland Baden-Württemberg ist die Population in den letzten zehn Jahren von null auf immerhin eine niedrige dreistellige Zahl angewachsen.
Über BUND-Projekt Rettungsnetz Wildkatze beim BUND Baden-Württemberg: Mit seinem Projekt Rettungsnetz Wildkatze errichtet der BUND seit 2007 bundesweit mit vielen Ehrenamtlichen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen, von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden. Barrieren wie Straßen müssen mit Querungshilfen (beispielsweise Grünbrücken) überwindbar gemacht werden, sodass Wildkatzen und andere Wildtiere dort nicht mehr zu Tode kommen.
Im Juni 2016 wurde der erste BUND-Wildkatzenkorridor in Baden-Württemberg zwischen Herrenberg und Nufringen eingeweiht. Der Startschuss zur Errichtung des zweiten Korridors in unserem Bundesland folgte im März 2018 im Landkreis Ludwigsburg. Dabei arbeitet der BUND mit der Forstverwaltung und dem Landschaftserhaltungsverband im Kreis Ludwigsburg zusammen. Das BUND-Ziel in Baden-Württemberg ist es, dass die Wildtiere künftig sicher vom Nordschwarzwald zum Schönbuch bis hin zum Schwäbisch-Fränkischen Wald hin und her wandern können.
Weitere Informationen:
- Wildkatzenschutz beim BUND Baden-Württemberg
- Wildkatzenschutz beim BUND Bezirksverband Marbach- Bottwartal
- Wildkatzenschutz beim BUND Kreisverband Ludwigsburg
- Pressemitteilung vom 30. Juni 2020: Wahrscheinliche Sichtung von Europäischer Wildkatze am Rande des Schwäbisch-Fränkischen-Waldes
- Pressemittelung vom 5. März 2018: Startschuss für den zweiten Wildkatzenkorridor in Baden-Württemberg
Kontakt für Rückfragen:
- Dr. Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Baden-Württemberg, brigitte.dahlbender(at)bund.net
- Dr. Andrea Lehning, Wildkatzen-Expertin des BUND Baden-Württemberg, andrea.lehning(at)bund.net