Eine Europäische Wildkatze ist im Landkreis Ludwigsburg wahrscheinlich gesichtet worden. Das Tier ist in den frühen Morgenstunden am 30. Mai auf einem privaten Grundstück bei Oberstenfeld von der Wildkamera des Jägers und Wildtierschützers Wolf Graf von Einsiedel aufgenommen worden. Europäische Wildkatzen sind streng geschützt. Sie stehen bundesweit auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten.
„Wild- und Hauskatzen unterscheiden sich in einigen Merkmalen. Wildkatzen sind beispielsweise kräftiger gebaut und haben einen buschigeren Schwanz mit stumpfem Ende. Doch selbst Expert*innen können sie nicht immer eindeutig unterscheiden. Sicherheit bringt letztendlich nur ein Gentest“, sagt BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender. Daher wird der BUND mit seinen Ehrenamtlichen zur kommenden Ranz, also der Fortpflanzungszeit im Winter, Lockstöcke aufstellen. Der Baldrian an den Holzpflöcken verlockt die Tiere, sich am Holz zu reiben und daraufhin Haar zu hinterlassen. Das Senckenberg Forschungsinstitut untersucht die Haarproben genetisch und stellt zweifelsfrei fest, ob es sich auch wirklich um eine Wildkatze gehandelt hat.
„Die Lockstöcke und die genetischen Untersuchungen werden uns helfen, Wildkatzen zu identifizieren. Eindeutige Nachweise wären ein enormer Erfolg für unsere Arbeit und die vielen Aktiven des BUND“, sagt Dahlbender. „Denn genau an dem Ort, an dem vermutlich die Wildkatze vor die Kamera gelaufen ist, beginnt der vom Schwäbisch-Fränkischen Wald zum Stromberg verlaufende Wildkatzenkorridor, den der BUND Kreisverband Ludwigsburg mit seinen Ehrenamtlichen seit 2017 plant und errichtet.“
Der Mensch hatte die Wildkatze fast ausgerottet
Ende des 19. Jahrhunderts wurde die scheue Wildkatze noch als wildes Raubtier und Nahrungskonkurrentin des Menschen angesehen und daher auch bei uns in Baden-Württemberg bis zur Ausrottung gejagt. Der BUND dokumentiert seit einigen Jahren, dass sich die Wildkatze langsam wieder ausbreitet. Bundesweit werden ihre Bestände aktuell auf 6.000 bis 8.000 Tiere geschätzt. Im stark zerschnittenen Automobilland Baden-Württemberg ist die Population in den letzten zehn Jahren von null auf immerhin eine niedrige dreistellige Zahl angewachsen.
BUND-Projekt Rettungsnetz Wildkatze
Mit seinem Projekt Rettungsnetz Wildkatze errichtet der BUND seit 2007 bundesweit mit seinen Ehrenamtlichen grüne Korridore aus Sträuchern und Bäumen zwischen den Wäldern. So entstehen Wege, die es der Wildkatze und vielen anderen Wildtieren ermöglichen, von A nach B zu wandern und in der offenen Landschaft Deckung zu finden. Barrieren wie Straßen müssen mit Querungshilfen (beispielsweise Grünbrücken) überwindbar gemacht werden, sodass Wildkatzen und andere Wildtiere dort nicht mehr zu Tode kommen.
Im Juni 2016 wurde der erste BUND-Wildkatzenkorridor in Baden-Württemberg zwischen Herrenberg und Nufringen eingeweiht. Der Startschuss zur Errichtung des zweiten Korridors in unserem Bundesland folgte im März 2018 im Landkreis Ludwigsburg. Das BUND-Ziel in Baden-Württemberg ist, dass die Wildtiere künftig sicher vom Nordschwarzwald zum Schönbuch bis hin zum Schwäbisch-Fränkischen Wald hin und her wandern können.
Weitere Informationen:
- Wildkatzenschutz beim BUND Baden-Württemberg
- So unterscheiden sich Wildkatze und Hauskatze
- Pressemittelung vom 5. März 2018: Startschuss für den zweiten Wildkatzenkorridor in Baden-Württemberg
- Pressemitteilung vom 29. April 2020: Mit Stiefeln und Schaufeln für den Naturschutz
Kontakt für Rückfragen:
- Dr. Brigitte Dahlbender, Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Baden-Württemberg, brigitte.dahlbender(at)bund.net
- Lilith Stelzner, Naturschutzreferentin BUND Baden-Württemberg, lilith.stelzner(at)bund.net, 0711 / 620 306-14