Bechsteinfledermaus

Erst nach Sonnenuntergang kommt sie aus ihrem Versteck und geht auf die Jagd nach Insekten: Die Bechsteinfledermaus. Ihr Lebensraum ist der Wald. Doch nicht jedes Waldgebiet ist für das fliegende Säugetier geeignet. Denn die Bechsteinfledermaus braucht naturnahe Misch- oder Laubwälder mit vielen Baumhöhlen und eine hohe Insektendichte.

Bechsteinfledermaus  (Renate Keil)

Flugmanöver sind für die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii) ein Leichtes. Mit ihren kurzen und breiten Flügeln kann sie langsam und gekonnt durch die dichte Vegetation fliegen. Besonders sind auch ihre großen Ohren. Mit ihnen kann sie sogar das Krabbelgeräusch von Spinnen und Käfern hören! So kann sie nicht nur fliegende Insekten jagen, sondern auch Insekten, die sich auf Blättern und Böden fortbewegen. Diese Fähigkeit macht sie unabhängiger, da sie auch jagen kann, wenn keine Insekten fliegen. Unter den 21 Fledermausarten in Baden-Württemberg ist sie mit ihren Fähigkeiten und ihrem Körperbau eine ganz besondere Fledermaus.

Lebensweise

Die Bechsteinfledermaus hält sich tagsüber zum Schlafen in Baumhöhlen auf. Erst abends erwacht sie und durchknetet zur besseren Durchblutung ihre Flughaut. Ist die Finsternis eingebrochen, geht sie auf die Jagd. Ihre Beute, die sie über Ultraschall ortet, umfasst Insekten wie Schmetterlinge, Spinnen, Hundertfüßer, Laubheuschrecken, Mücken und Käfer. Im Winter zieht sie sich in ruhige Höhlen, Stollen und Bunker zurück. Dort hält sie Winterschlaf von Oktober/November bis März/April.

Im Herbst paart sich die Bechsteinfledermaus. Ihre Jungtiere ziehen die Weibchen in Verbänden, den sogenannten Wochenstuben, von durchschnittlich 20 bis 30 Fledermäusen auf. Die Männchen sind an der Aufzucht nicht beteiligt. Ab Mitte April bezieht sie dafür ältere Spechthöhlen. Die Flugakrobatin bringt ihr Junges von Juni bis Anfang Juli zur Welt und säugt es bis in den August. Selbst bei der Jungenaufzucht wechseln die Weibchen mehrfach ihre Wochenstube. Etwa ab der vierten bis sechsten Lebenswoche sind die Jungtiere selbständig und können fliegen.

Wo lebt die Bechsteinfledermaus?

In Mitteleuropa, zwischen Kaukasus und den Pyrenäen, ist ihr Verbreitungsschwerpunkt. In Deutschland ist sie vor allem in Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Bayern verbreitet. Aber auch in anderen Bundesländern ist sie heimisch. Sie braucht alte und feuchte Laub- oder Laubmischwälder, in denen es viel Alt- und Totholz, Baumhöhlen, Buchen und Eichen gibt. Neben Wäldern kommt sie auch teilweise in alten und großflächigen Streuobstwiesen vor.

Die Bechsteinfledermaus ist nicht sehr reiselustig. Die weiteste Wanderstrecke zwischen Sommer- und Winterquartier liegt bei ungefähr 35 Kilometern. In ihrem nicht sonderlich großen Revier wechselt sie alle zwei bis drei Tage ihre Höhle und braucht deshalb Wälder mit vielen Baumhöhlen.

Die Bechsteinfledermaus in Baden-Württemberg

Sie kommt in allen Naturräumen Baden-Württembergs vor, außer in der Donau-Iller-Lech-Platte. In wärmeren Gebieten lebt sie bis in Höhenlagen von 550 Meter N.N. Aber vor allem am Oberrhein und im Odenwald findet man die Bechsteinfledermaus. Auch wenn sie weit verbreitet ist, ist sie leider nicht häufig. Im Gegenteil: In Baden-Württemberg gilt die Art als „stark gefährdet“.

Gefährdung und Schutzmaßnahmen

Auch in ganz Deutschland ist die Bechsteinfledermaus stark gefährdet und steht auf der Roten Liste. Da sie kleine Reviere bevorzugt und nicht sehr wanderfreudig ist, ist sie durch den Eingriff des Menschen in den Wald besonders gefährdet. Massive Holzwirtschaft verkleinert ihre Quartiere und das Fällen von Bäumen führt unweigerlich zum Verlust von Baumhöhlen. Siedlungs- und Straßenbau führen zur Zerschneidung von Wäldern. Wie die Wildkatze quert sie nur ungern offene Landschaften. Sie fliegt lieber über Hecken und Waldkorridore, um sich in neuen Lebensräumen niederzulassen. Nicht zuletzt führt der Pestizideinsatz in der Forst- und Landwirtschaft zu einem Insektenrückgang.

Die Bechsteinfledermaus ist nach der FFH-Richtlinie geschützt. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union schützt natürliche Lebensräume und dient so dem Erhalt der Artenvielfalt. Deswegen ist die Bechsteinfledermaus, wie alle heimischen Fledermausarten, auch nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Sie darf ohne behördliche Ausnahmegenehmigungen nicht getötet, gefangen oder erheblich gestört werden. Auch ihre Quartiere – wie Bäume mit Höhlen – sind geschützt. Eine mögliche Schutzmaßnahme ist der Ausbau grüner Waldkorridore, die zerstückelte Waldflächen wieder miteinander verbinden. Der BUND fordert, dass mindestens zehn Prozent der Waldfläche aus Naturwald besteht und im bewirtschafteten Forst die Artenvielfalt erhalten werden muss. Denn leider ist bereits jetzt klar, dass es auch in unseren Wäldern immer weniger Insekten gibt. Zusätzlich zerschneidet künstliches Licht in oder in der Nähe von Wäldern den Lebensraum der Fledermaus, da sie sehr lichtscheu ist und lieber Umwege fliegt, um beleuchtete Bereiche zu meiden. Zum einen gibt es also weniger Nahrung für die Bechsteinfledermaus und zum anderen hat sie einen erhöhten Energieaufwand – eine schlechte Kombination!

NaturTipp

Als nachtaktives Tier ist die Bechsteinfledermaus nur sehr schwer zu entdecken. Selbst mit Ortungsgeräten ist der Nachweis eine Herausforderung. Man kann sich aber manchmal bei geführten Fledermaus-Exkursionen etwa mit Expert*innen vom BUND auf die Spur der seltenen Tiere machen. Wer der Bechsteinfledermaus helfen will, setzt sich gemeinsam mit dem BUND für naturnahe verbundene Wälder und weniger Lichtverschmutzung vor allem in Waldnähe ein. Besonders engagierte Fledermaus-Fans können sich auch zu ehrenamtlichen Fachberater*innen für Fledermausschutz bei der Umweltakademie Baden-Württemberg ausbilden lassen.

Unnützes Wissen

  • In nur einem Sommer wechselt die Bechsteinfledermaus ihr Zuhause 30 bis 40 Mal!
  • Während Mäuse durchschnittlich nur zwei Jahre alt werden, kann die Bechsteinfledermaus bis zu 20 Jahre alt werden.
  • Die Sterblichkeit der Bechsteinfledermaus ist nach dem ersten Lebensjahr über die ganze Lebensspanne hinweg gleich hoch. Oder anders gesagt: Sie altert nicht.

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Miriam Plappert, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Miriam Plappert

Naturschutzreferentin
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