BUND Landesverband
Baden-Württemberg
Heidelberger Neckar und Heidelberger Schloss bei Nacht. Heidelberger Neckar und Heidelberger Schloss bei Nacht.  (joexx / photocase.de)

Wie können Kommunen und Gewerbetreibende insektenschonend beleuchten?

Strahlende Schaufenster, Leuchtreklame oder Licht-Spots auf historische Denkmäler – die Nacht erstrahlt in deutschen Städten und Dörfern hell. Doch das hat verheerende Folgen vor allem für nachtaktive Insekten. Das künstliche Licht beeinflusst Paarung, Verhalten und Orientierung der Tiere (siehe Hintergrund) und trägt damit zum Insektensterben bei.

Das baden-württembergische Naturschutzgesetz schreibt seit 2021 bei Neubau sowie Um- oder Nachrüstung eine insektenverträgliche Beleuchtung von Straßen, Wegen und öffentlichen Plätzen vor. Bis 2030 müssen sogar alle Beleuchtungsanlagen insektenschonend um- oder nachgerüstet sein. Der BUND Baden-Württemberg hat Lösungen erarbeitet, um diese gesetzlichen Vorgaben leichter zu erfüllen.

Einsparen, dimmen, abschirmen: So können Kommunen und Gewerbe insektenschonend beleuchten

  • Notwendigkeit prüfen: Nicht jede nächtliche Beleuchtung ist auch notwendig. Beleuchtungen, die nicht der Sicherheit dienen, sollten deshalb abgeschaltet werden. Auch müssen viele Beleuchtungen nicht die ganze Nacht in Betrieb sein. Einige Kommunen dimmen nach Mitternacht die Straßenbeleuchtung oder schalten sie vollständig ab. Andere schalten die Straßenbeleuchtung über Bewegungsmelder an, wenn Menschen unterwegs sind. Auf Sportplätzen sollte das Flutlicht erst kurz vor dem Spiel ein- und danach sofort wieder ausgeschaltet werden.
  • Die Beleuchtungsstärke verringern: Es gibt keine verbindlich festgeschriebenen Beleuchtungsstärken. Die Reduzierung der Beleuchtungsstärke schützt nicht nur Insekten, sondern spart auch Strom. An Hauptstraßen sollte eine mittlere Leuchtdichte von siebeneinhalb Lux bis 15 Lux (je nach Verkehrsaufkommen, erlaubter Höchstgeschwindigkeit usw.) nicht überschritten werden. In Anwohnerstraßen sind drei Lux mittlere Leuchtdichte ausreichend und auf Parkplätzen maximal zehn Lux.
  • Richtige Lichtfarbe wählen: Die Lichtfarbe hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie viele Insekten angelockt werden. Besonders der blaue Lichtanteil lockt sie. Bernsteinfarbene LEDs mit einer Farbtemperatur von circa 1800 Kelvin sind deshalb besonders schonend.
  • Leuchten abschirmen: Die Leuchten sollten außerdem „voll abgeschirmt“ sein, also kein Licht oberhalb der Horizontalen abstrahlen. Das verhindert Blendwirkung bei Passanten und das Abstrahlen von Licht in die Atmosphäre. Denn je weiter Licht strahlt, umso großräumiger sind auch die Auswirkungen und Insekten können sich auch außerhalb von Siedlungen schlecht orientieren.
  • Sicherheit durch homogene Ausleuchtung: In der Ausleuchtung sollten die Helligkeitsunterschiede entlang der Wege, Straßen und Plätze möglichst gering ausfallen, da sich sonst dunkle und blendende Bereiche abwechseln. Auch für Menschen bedeutet eine homogene Ausleuchtung mehr Sicherheit durch weniger Blendung.
  • Ausrichtung der Leuchten: Licht sollte dahin gelenkt werden, wo es wirklich gebraucht wird. Also auf Gehwege, Straßen, Plätze und nicht auf Fassaden, in die Umgebung oder in den Himmel. Auch Anwohner*innen profitieren davon, da Straßenleuchten dann nicht mehr in Schlafzimmer hineinstrahlen. Jede Leuchte sollte zum Boden hin ausgerichtet sein und der Lichtkegel nur so groß sein, wie tatsächlich benötigt.
  • Abgedichtete Leuchten verwenden: Die Leuchten sollten über eine Abdichtung verfügen, sodass Insekten und Spinnen nicht eindringen können.
  • Ausnahmen als Ausnahmen sehen: Ausnahmen für die Beleuchtung von historischen Bauten sollten auf die frühen Abendstunden am Wochenende beschränkt bleiben.
  • Gesetzliche Vorgaben ernst nehmen: Seit 2023 dürfen Fassaden laut dem baden-württembergischen Naturschutzgesetz im Sommerhalbjahr gar nicht mehr und im Winter nur bis 22 Uhr beleuchtet werden. Auch an gewerblichen Gebäuden sind großflächige Fassadenbeleuchtung, freistrahlende Wandleuchten und Bodenstrahler damit nicht erlaubt.
  • Licht aus nach Betriebsschluss: Gewerbetreibende sollten ihre Beleuchtung spätestens eine Stunde nach Geschäftsende abschalten oder zumindest deutlich reduzieren. Das gilt auch für Werbeflächen und Leuchtreklame.
  • Werbeflächen lichtsparend gestalten: Mit der richtigen Leuchtdichte, heller Schrift auf dunklem Grund und dezenter Hintergrundbeleuchtung in dunklen warmen Farben oder indirekter Beleuchtung kommt Werbung oft besser zur Geltung als durch grelles Anstrahlen. Auf rein dekorative Beleuchtung sollten Sie verzichten.

Hintergrund: Auswirkungen von Lichtverschmutzung

Die Hälfte der in Deutschland lebenden Insekten ist nachtaktiv. Insekten sehen noch bei unglaublich geringen Lichtstärken. In riesigen Scharen werden sie vom Licht angezogen und aus ihren Lebensräumen herausgerissen. Licht zur falschen Zeit verändert ihr tages- und jahreszeitliche Verhalten. Im Spätherbst können sich die Insekten nicht rechtzeitig auf den Winter vorbereiten. Sie verkriechen sich nicht oder sie begeben sich zu anderen Zeiten als üblich auf Nahrungssuche. Da unsere Landschaft nachts hell beleuchtet ist, werden außerdem ihre Lebensräume zerschnitten und voneinander getrennt. Dadurch breiten sich die Tiere nicht mehr aus und sie können keine neuen Lebensräume erobern.

BUND-Newsletter abonnieren!

Ansprechpartnerin Projekt Nachtretter

Dipl.-Biol. Brigitte Heinz

Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald
E-Mail schreiben Tel.: (06221) 182631

Praxistipps & Hintergründe

Im BUNDWerkzeug Biodiversitätsstärkungsgesetz finden Sie gesetzliche Hintergründe sowie praktische Tipps zur Umsetzung insektenschonender Beleuchtung.

zum PDF

Hintergrund:

 (MD Shahjehan / iStock)

Infos zu den Auswirkungen von nächtlichem Licht auf Insekten. 

Mehr

BUND-Bestellkorb