Klimaschützer*innen fordern Verschärfung des baden-württembergischen Klimaschutzgesetzes

29. September 2020 | Atomkraft, Klima und Energie (BW), Klimaschutz (BW), Klimawandel, Kohle, Mobilität, Umweltpolitik (BW), Verkehr (BW)

BUND, DUH, Fridays for Future und die NaturFreunde haben auf einer gemeinsamen Pressekonferenz den Entwurf der Klimaschutznovelle bewertet.

Risse durchziehen den ausgetrockneten Boden. Ohne einen wirksamen Klimaschutz, werden Teile der Erde in naher Zukunft unbewohnbar werden.  (Laura Buschhaus / BUND BW)

Den Gesetzentwurf zur Novelle des Landes-Klimaschutzgesetzes berät der Landtag Baden-Württemberg am morgigen Mittwoch, 30. September 2020, zum ersten Mal. Inwieweit dieser Entwurf für wirkungsvollen Klimaschutz sorgen kann und welche Maßnahmen jetzt notwendig wären, haben der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Baden-Württemberg, die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Fridays for Future Baden-Württemberg und die NaturFreunde Württemberg bei einer Pressekonferenz am Dienstag, 29. September 2020, erklärt. Wie wichtig der Bevölkerung ambitionierter Klimaschutz ist, hatten am Freitag allein in Baden-Württemberg wieder Tausende an mehr als 50 Orten gezeigt.

Amelie Barkentien, Fridays for Future Baden-Württemberg: „Vor uns liegt ein Gesetz mit völlig ambitionslosen Klimaschutzzielen. Statt sich am Klimaschutzabkommen von Paris zu orientieren und das Möglichste zu tun, das Klimasystem der Erde zu stabilisieren und die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, richtet sich die Landesregierung ihre Zielmarken an mittlerweile überholten Zielen der Bundesregierung aus. Wir fordern den Landtag auf, diesen Grundfehler im Klimaschutzgesetz zu korrigieren und es an den wissenschaftlichen Notwendigkeiten auszurichten. Hierzu gehört ein Treibhausgasbudget. Es gehört zu einer ehrlichen Politik, anzuerkennen, dass die Treibhausgasemissionen direkt an die Erderhitzung gekoppelt sind und dass dementsprechend Baden-Württemberg nur noch ein minimales Rest-Budget von etwa 400 Millionen Tonnen seit dem 1.1.2020 zur Verfügung hat. Bei ca. 80 Millionen Tonnen jährlichen Emissionen bleibt nur noch extrem wenig Zeit, bis der Wagen an die Wand gefahren ist."

Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesgeschäftsführerin, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e. V.: „Wir bewerten es grundsätzlich positiv, dass sich das Land 2013 ein Klimaschutzgesetz gegeben hat und nun endlich dessen Novelle in den Landtag kommt. Der Gesetzentwurf enthält zwei konkrete Fortschritte, die Photovoltaik-Ausbaupflicht für Nichtwohngebäude und Parkplätze und die verbindliche Wärmeplanung für 103 Kommunen. Davon abgesehen und in Anbetracht der Tatsache, dass jahrelang darüber debattiert wurde, ist der Gesetzentwurf jedoch enttäuschend und bleibt weit hinter dem zurück, was für einen ausreichenden Klimaschutz notwendig ist. Wir appellieren an die Landtagsabgeordneten, nachzubessern und beim Klimaschutz Maßstäbe für andere Länder zu setzen. Im Photovoltaik-Ausbau muss die Pflicht auf Wohnbebauung und Dachsanierungen erweitert werden. Die Ausbauziele für Wind- und Sonnenenergie müssen auf die Regionen heruntergebrochen und für diese verpflichtend werden. Die Maßnahmen müssen verbindlicher werden. Es darf nicht bei freiwilligen unverbindlichen Vereinbarungen mit Unternehmen und Kommunen bleiben. "

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer, Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH): „Die Landesregierung drückt sich um einen wirksamen Klimaschutz ausgerechnet im Verkehrssektor. Mit ihrer auf schmutzige und durstige Diesel- und Benzin-Pkw ausgerichteten Politik verstärkt sie den bereits begonnenen Arbeitsplatzabbau bei Daimler & Co im Land. Die Automobilindustrie braucht klare Vorgaben, wie einen verbindlichen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor ab dem 1. Januar 2025. Das Klimaschutzgesetz liefert dagegen nur freiwillige kommunale Mobilitätspläne und lautes Schweigen zum dringend notwendigen Strukturwandel der Autokonzerne. Wir brauchen eine Umverteilung von Finanzmitteln und Flächen weg vom Pkw hin zu mehr Fuß-, Rad-, Bus- und Bahnverkehr. Eine gesetzliche Grundlage für Nahverkehrsabgaben ist längst überfällig."

Alexander Habermeier, Landesgeschäftsführer, NaturFreunde Württemberg e.V.: „Wie zahlreiche Gutachten belegen, ist für das Gelingen der Energiewende die Wärmewende von zentraler Bedeutung. Wärme macht mehr als 50 Prozent des Endenergieverbrauchs aus. Das Land hat dies erkannt, springt aber viel zu kurz. Zwar werden die Stadtkreise und Großen Kreisstädte zur Erstellung eines Kommunalen Wärmeplans verpflichtet, die fast tausend kleineren Kommunen im Land aber nicht. Potenziale werden nicht genutzt und es kann zu Benachteiligung der kleineren Gemeinden kommen. Zudem besteht die Gefahr, dass die kommunalen Wärmeplanungen reine Informationssammlungen werden. Eine ,echte‘ Wärmeplanung muss von Beginn in allen Kommunen stattfinden, umsetzungsorientiert und kommunalpolitisch abgestimmt sein (Beschlüsse, Investitionsentscheidungen). Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit einer schnelleren Realisierung.
Schwer wiegt, dass Konzepte und Regelwerke zur einer sozialen Flankierung der Energiewende in der Gesetzesvorlage fehlen. Das Land könnte durch eine bessere Förderung von Sanierungen und eine Umlagebegrenzung tätig werden. Die Klimafrage ist auch eine zutiefst soziale Frage."

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