In den dunklen, kalten Monaten und vor allem in Pandemiezeiten mit Kontaktbeschränkungen und Quarantäne verbringen wir viel Zeit in den Innenräumen. Durch Viren sind unsere Abwehrkräfte oftmals ohnehin geschwächt. Es ist wichtig, dass Schadstoffe unseren Körper nicht zusätzlich belasten. Wer nicht regelmäßig und ausgiebig lüftet, atmet daheim oft eine Luft ein, die richtiggehend krank machen kann. Müdigkeit, gereizte Schleimhäute oder Kopfschmerzen können die Folge sein.
Der BUND hat eine Checkliste für gesunde Raumluft erstellt:
DER BODEN: Die Wahl des Bodenbelags hat große Bedeutung für die Qualität der Raumluft. Grundsätzlich gilt: In Räumen mit glattem Boden ist die Luft doppelt so stark mit Feinstaub belastet wie dort, wo Teppichböden den Staub binden. Doch viele Wollteppiche sind gegen Motten mit Bioziden behandelt. Dazu zählen die Nervengifte Pyrethroide, die Haut und Augen reizen und zu Kopfweh, Schwindel und Übelkeit führen können. Auch Teppichrücken und Kleber können Schadstoffe emittieren.
PVC-Böden können Phthalate als Weichmacher enthalten, oft zu mehr als einem Drittel des Materials. Einige Phthalate wirken wie Hormone und können die Fortpflanzung schädigen. Sie sind nicht fest ans PVC gebunden und können in die Umgebung entweichen. Im Hausstaub finden sich oft hohe Konzentrationen. Kinder sind besonders gefährdet, weil ihr Nervensystem noch nicht ausgereift ist und sie größere Mengen direkt über die Haut, die Atmung oder die Nahrung aufnehmen. Phthalat-Weichmacher lassen sich im Blut praktisch aller Kinder nachweisen. Der BUND rät grundsätzlich von PVC ab. Alte PVC-Beläge aus den 70er und 80er-Jahren können Asbestfasern enthalten. Da bei der Entsorgung krebserregende Fasern freiwerden können, sollten diese Aufgabe Fachleute übernehmen.
„Empfehlenswerte Alternativen zu PVC sind Parkett, Fliesen, Linoleum oder Kork“, beschreibt Amany von Oehsen, Umweltberaterin beim BUND Heidelberg. „Holzböden wie Kork und Parkett sollten dabei mit Klebern, Ölen und Lacken behandelt sein, die das Gütesiegel ,Blauer Engel‘ tragen. Achten Sie beim Parkett auch darauf, dass kein Tropenholz verwendet wurde. “
DIE WÄNDE: Auch bei Tapeten sollten Bewohner*innen auf weichmacher- und chlorfreies Material achten. Vlies- oder Vinyltapeten bestehen aus aufgeschäumtem PVC. Für ein besseres Raumklima sorgen sie, wenn sie die Wände einfach streichen oder Papiertapeten verwenden, die mit dem „Blauen Engel“ gekennzeichnet sind. Als Bestandteil von Lacken, Farben, Verdünnern, Klebstoffen, aber auch Tabakrauch oder Reinigungsmitteln atmen wir Lösemittel auf Schritt und Tritt ein. Das Umweltbundesamt hält sie für sehr bedenklich. Vor allem in Neubauten oder während und nach Umbauten und Renovierungen können sie die Raumluft stark belasten. Wer trotz häufigem Lüften unter Müdigkeit oder gereizten Schleimhäuten leidet, sollte einen Experten oder eine Expertin kontaktieren, damit diese*r die Qualität der Raumluft misst.
Der BUND rät zu lösemittelfreien Produkten. „Achten Sie darauf, die Lösemittel nicht durch andere schädliche Substanzen zu ersetzen. Farben und Lacke auf der Basis natürlicher Rohstoffe bieten sich als Alternative an. Sie sind aber nicht automatisch emissionsärmer und für Allergiker*innen zum Teil sogar besonders problematisch“, erklärt Amany von Oehsen. Eine Hilfestellung bieten Gütesiegel (siehe Infokasten).
MÖBEL UND ELEKTROGERÄTE: … können eine Fülle bedenklicher Chemikalien enthalten. Viele sind flüchtig und reichern sich ebenfalls in schlecht gelüfteten Räumen an. Der BUND warnt vor bromierten Flammschutzmitteln, die in älteren Polstermöbeln oder Computer- und Fernsehgehäusen enthalten sind. Diese Bromverbindungen stehen unter anderem im Verdacht, Krebs auszulösen. Das Gleiche gilt für perfluorierte Tenside in Möbelpolituren (oder auch Wandfarben). Sie werden in der Natur schlecht abgebaut und speichern sich im Körper auf. Polituren enthalten nicht selten auch synthetische Duftstoffe wie Lyral, das Allergien auslösen und die Fortpflanzungsfähigkeit einschränken kann. Natürlich können auch Alltagsdinge aus Weich-PVC wie Duschvorhänge, Tischdecken und sogar Spielzeug Weichmacher ausgasen und die Raumluft belasten.
Gut lüften und informieren
Vor dem Einzug in einen Neubau oder renovierten Altbau sollten Bewohner*innen gründlich lüften und frisch gestrichene Räume mindestens eine Woche, besser vier Wochen, „ausstinken“ lassen. Vor allem Schwangere sollten sich beim Renovieren zurückhalten und nicht direkt vor der Geburt das Kinderzimmer streichen und neu einrichten. Föten reagieren besonders sensibel auf Schadstoffe.
Oftmals ist es schwierig, bei der großen Produktauswahl den Überblick zu behalten. Gütezeichen bieten Orientierung (siehe unten). Das Chemikalienrecht REACH stärkt die Rechte von Verbraucher*innen auf Auskunft, wie Amany von Oehsen erklärt: „REACH beinhaltet ein Informationsrecht zu besorgniserregenden Stoffen wie Weichmachern und Flammschutzmitteln. Jede Händlerin und jeder Hersteller ist verpflichtet, Ihnen binnen 45 Tagen Auskunft zu geben, ob diese Stoffe im Produkt enthalten sind. Nutzen Sie Ihr Recht, damit die Schadstoffe vom Markt kommen.“
Weitere Informationen:
- Das „BUND-Jahrbuch 2022 – Ökologisch Bauen und Renovieren“ kann ab 8. Dezember für 8,90 Euro an größeren Kiosken, beim Bahnhofsbuchhandel und in BUND-Geschäftsstellen gekauft oder über bestellungen(at)ziel-marketing.de bestellt werden.
- BUND-App ToxFox, um Produkte auf Schadstoffe zu überprüfen
- Die BUND-ÖkoTipps sind kostenlos zum Abdruck freigegeben. Im Archiv findet man die bisher erschienenen Tipps.
Gütezeichen
- natureplus: umweltgerechte, gesundheitsverträgliche und funktionelle Bauprodukte, schadstoff- und emissionsarm.
- Blauer Engel: ökologisch vorteilhafte, gesundheitlich unbedenkliche und qualitätsvolle Produkte.
- Zertifikat »ECO Institut, Tested Product«: bautechnisch ausgereifte Produkte, die strengen Emissionsanforderungen weit jenseits der gesetzlichen Vorgaben genügen.
- Emicode EC1: emissionsarme Verlegewerkstoffe wie Klebstoffe, Grundierungen etc.
Kontakt für Rückfragen
Amany von Oehsen, Umweltberaterin beim BUND Heidelberg, (06221) 18 26 31, bund.heidelberg(at)bund.net