
Waschbär
Etwa seit den 1960er Jahren verbreiten sich die Kleinbären mit der schwarzen Gesichtsmaske auch in Baden-Württemberg. Denn die Einwanderer aus Nordamerika sind sehr anpassungsfähig. (Foto: Cornelia Arens/klickfaszination.de)
Über 80 invasive Arten führt die Europäische Union derzeit in der sogenannten Unionsliste (auch Schwarze Liste) der EU-Kommission. „Invasiv“ werden die Arten dann genannt, wenn ihre Anwesenheit und Ausbreitung in den heimischen Ökosystemen negative Auswirkungen hat. Mindestens 46 davon kommen in Deutschland wildlebend vor – die meisten davon auch bei uns in Baden-Württemberg. Auf einer sogenannten Grauen Liste finden sich außerdem weitere Arten, die potenziell invasiv sein könnten und unter Beobachtung stehen. Denn nicht alle gebietsfremden Tier- und Pflanzenarten sind auch invasiv. Der wertfreie, wissenschaftliche Begriff lautet „Neobiota“, die wiederum in "Neozoen" (aus dem griechischen „neue Tiere“) und "Neophyten" („neue Pflanzen“) unterschieden werden. Die meisten dieser tierischen und pflanzlichen Einwanderer verursachen in ihrer neuen Heimat keine Probleme. Manche Neophyten haben sogar positive Auswirkungen auf ihre neuen Lebensräume, weil sie beispielsweise Nahrungsquellen für heimische Tiere sind. Lediglich etwa 10 Prozent der Neobiota sind sogenannte „invasive Arten“. Aber was sind überhaupt invasive Arten und wie sollten wir mit ihnen umgehen?
Tiere oder Pflanzen gelten dann als invasiv, wenn zwei Kriterien erfüllt sind:
Alle gebietsfremden Arten wurden durch den Einfluss des Menschen meist beabsichtigt angesiedelt. Etwa das Drüsige Springkraut, das als exotische Zier- und Nutzpflanze eingeführt wurde. Das bekannteste tierische Beispiel ist der Waschbär, der einst zur Pelzgewinnung von Nordamerika nach Europa gebracht wurde und sich ausbreitete, indem einzelne Tiere aus Pelzfarmen entkamen oder gezielt ausgesetzt wurden. Heutzutage überwiegt vermutlich das unbeabsichtigte Einbringen der Arten durch den weltweiten Handel und Fernreisen. Die Eier einiger exotischer Stechmücken werden beispielweise über den Transport alter Autoreifen oder Pflanztöpfe aus dem Ausland eingeschleppt. Die Klimakrise sorgt außerdem dafür, dass wir künftig wohl mit immer mehr neu einwandernden Arten in unseren Breiten rechnen müssen. Wärmeliebende Arten, wie exotische Stechmücken oder die Asiatische Hornisse, finden durch die Erwärmung in Deutschland zunehmend passende Lebensbedingungen vor und können sich etablieren. Einzelne der neuen Arten könnten invasiv werden. Derzeit stehen sie aber noch unter Beobachtung, da bisher nicht bekannt ist, welche Auswirkungen sie hier haben.
Oft sind invasive Arten jedoch nur ein zusätzlicher, aber nicht der einzige Gefährdungsfaktor für unsere heimischen Arten und Ökosysteme.
Eine Expertengruppe der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz erstellt für gelistete invasive Arten Management- und Maßnahmenblätter, mit denen die negativen Auswirkungen minimiert und die weitere Verbreitung der invasiven Arten eingedämmt werden sollen. Solche Maßnahmen sind etwa die Information der Öffentlichkeit oder auch die sogenannte Populationskontrolle, also das Töten von Tieren durch z. B. die Bejagung. In den allermeisten Fällen ist das Töten von invasiven Tieren jedoch nicht sinnvoll, da die Tiere geeignete Lebensräume immer wieder neu besiedeln. Nur in Ausnahmefällen, wenn es um den Schutz besonders gefährdeter heimischer Tierarten geht oder wenn eine vollständige Beseitigung der invasiven Art aufgrund von lokal begrenztem Vorkommen noch möglich ist, kann das Töten eine notwendige Maßnahme sein. Wichtig bei jeder Maßnahme ist die Verhältnismäßigkeit: Wie viel kostet die Maßnahme, welche Auswirkungen hat sie auf die Umwelt, welche konkreten Naturschutzziele verfolgt sie und wie wird der Erfolg kontrolliert.
Schließlich sind nicht die Tiere und Pflanzen die Wurzel des Problems, sondern wir Menschen, die sie durch Unwissen, Unachtsamkeit oder aus wirtschaftlichem Interesse in fremde Gebiete verschleppen.
Etwa seit den 1960er Jahren verbreiten sich die Kleinbären mit der schwarzen Gesichtsmaske auch in Baden-Württemberg. Denn die Einwanderer aus Nordamerika sind sehr anpassungsfähig. (Foto: Cornelia Arens/klickfaszination.de)
Ursprünglich kamen Sonnenbarsche als Aquarienfische nach Europa. Seitdem haben sich die Raubfische vor allem in Gewässern im Südwesten Deutschlands ausgebreitet. (Foto: blubber.li/Adobe Stock)
Die Pflanze aus der Familie der Doldenblütler wurde gerne als Nahrung für Insekten angebaut, kann aber sowohl für Menschen als auch die heimische Natur Probleme bereiten. (Foto: TwilightArtPictures/Adobe Stock)
Der Signalkrebs stammt aus Nordamerika, ist inzwischen aber in fast allen europäischen Flüssen und Bächen verbreitet. (Foto: Uwe Heidenreich/BUND Hockenheimer Rheinebene)
Ursprünglich aus Südostasien stammend breitet sich die Asiatische Hornisse zum Schrecken vieler Imker*innen und Bienenfreund*innen in Europa aus. (Foto: Thomas Heiduck/BUND Pfinztal)
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