
Europa wirkt bis nach Baden-Württemberg
Wussten Sie, dass es 350 FFH- und Vogelschutzgebiete in Baden-Württemberg gibt? Und dass dieses Natura 2000-Netz 17,3 Prozent der Landesfläche abdeckt? Allerdings laufen die Unterschutzstellung und die Inwertsetzung dieser Schatzkammern der Natur nur schleppend.
Der BUND arbeitet seit 1979 an der Erhaltung der Lebensräume im größten FFH-Gebiet Baden-Württembergs „Bodanrück und westlicher Bodensee“. Die FFH-Arten Sumpf-Glanzkraut oder Bauchige Windelschnecke sind hier in einem guten Erhaltungszustand!
Natura 2000 schützt Lebensräume, Tiere und Pflanzen
Die FFH- und die Vogelschutz-Richtlinien der Europäischen Union haben zwei Ziele, die beide dem Erhalt der Artenvielfalt dienen. Einerseits werden bedrohte und seltene Arten direkt geschützt, indem ihr besonderer oder strenger Schutz in den deutschen Naturschutzgesetzen festgelegt wird.
Dazu gehören alle wild lebenden Vogelarten (außer der Stadttaube) und viele weitere Tier- und auch Pflanzenarten, die in den Anhängen der FFH-Richtlinie aufgeführt sind. Andererseits werden auch seltene und bedrohte Lebensraumtypen, wie beispielsweise extensive Mähwiesen oder Auwälder unter Schutz gestellt.
Alle sechs Jahre muss Baden-Württemberg der EU-Kommission über den Erhaltungszustand der geschützten Arten und Lebensraumtypen berichten. Die beiden letzten Berichte (2006 und 2012) kamen zu ernüchternden Ergebnissen.
Natura 2000 Arten (für mehr Infos bitte auf die Bilder klicken)



Wer kümmert sich um die Natura 2000-Gebiete?
Die Landschaftserhaltungsverbände sind dafür verantwortlich, die Management-Pläne, in denen Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen festgelegt sind, umzusetzen. In deren Gremien ist meist auch der BUND vertreten. Problematisch ist, dass erst knapp die Hälfte der Management-Pläne fertig sind und Landschaftserhaltungsverbände in vielen Landkreisen noch fehlen.
Sind die Natura 2000-Gebiete wirklich uneingeschränkt geschützt?
Die Naturschutzbehörden bei den Landratsämtern müssen Bauprojekte und andere Maßnahmen in Natura 2000-Gebieten überprüfen. Es geht dabei um die Frage, ob und wie die Natura 2000-Gebiete und ihre Erhaltungsziele durch die Eingriffe erheblich beeinträchtig werden. In einer Verträglichkeitsprüfung bewerten die Naturschutzbehörden, ob ein Projekt nach der FFH- und EU-Vogelschutzrichtlinie zulässig ist.
Wenn nicht, müssen Naturschutzbehörde und Landratsamt ermitteln, ob eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann. Der BUND kritisiert diese Verfahren, weil die Naturschutzverbände bei der Vorprüfung, also der Klärung, ob eine erhebliche Beeinträchtigung bestehen könnte, nicht beteiligt werden. So erfahren Umwelt- und Naturschutzverbände oft viel zu spät von den Plänen oder Projekten. Es ist im Nachhinein schwierig zu beurteilen, ob die Behörde richtig entschieden hat.
Wie können die Natura 2000-Gebiete besser geschützt werden?
Problematisch ist auch die Landnutzung in den Natura 2000-Gebieten: Viele Landwirt*innen sowie Waldbesitzer*innen wissen oder akzeptieren nicht, dass sie FFH-Lebensraumtypen nicht zerstören oder übernutzen dürfen. Deshalb fordert der BUND von der baden-württembergischen Landesregierung und den Behörden, dass sie den Schutz von Natura 2000-Gebieten stärker thematisieren, Sanktionen für Fehlverhalten verhängen und mehr Naturschutzgebiete in den Natura 2000-Gebieten ausweisen. Denn in den Naturschutzgebieten ist rechtlich klar geregelt, wer was darf und was nicht.
Natura 2000 und Europäische Union
Industrie-, Kommunal- und Landnutzerverbände sehen ihre Interessen durch den Arten- und Biotopschutz bedroht und haben auf europäischer Ebene einen großen Einfluss. Die Naturschutzverbände und mit ihnen über eine halbe Million EU-Bürger*innen haben es 2016 in einer Petition geschafft, eine Verwässerung der Richtlinien abzuwehren – ein großer Erfolg! Nun muss es darum gehen, nicht nur den Status Quo zu erhalten, sondern mehr EU-Geld für den Gebiets- und Artenschutz zu bekommen – zulasten der umweltschädlichen Agrar- und Exportsubventionen.
Pressemitteilungen zum Naturschutz
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