Kunststoff wirkt aufgrund seiner Oberflächeneigenschaften wie ein Magnet auf Umweltgifte, wie ein Forschungsprojekt der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) ergab. Besonders gefährlich sind die teilweise mikroskopisch kleinen Plastikteilchen im Größenbereich von unter fünf Millimetern, sogenanntes Mikroplastik. Viele Sorten sind nicht oder nur schwer biologisch abbaubar und Kläranlagen sind nicht in der Lage, Mikroplastik komplett herauszufiltern.
Reifenabrieb, Kosmetika und Kleiderfasern
Unterschieden wird in primäres und sekundäres Mikroplastik. Ersteres wird schon in der später verwendeten Größe produziert und kommt zum Beispiel in der Industrie als Rohware für Plastikprodukte und als Strahlmittel zur Säuberung zur Anwendung. In Haushalten steckt es unter anderem in Reinigungsmitteln und Kosmetika. Sekundäres Mikroplastik bezeichnet Teile, die schon zerfallen sind, wie die jährlich etwa 150.000 Tonnen Reifenabrieb in Deutschland. Diese feinen Gummipartikel stellen den größten Anteil an Mikroplastik dar. Je schwerer das Fahrzeug ist und je stärker es beschleunigt oder abgebremst wird, desto stärker ist der Reifenabrieb. Sekundäres Mikroplastik entsteht auch, wenn längere Fasern aus Kleidungsstücken beim Waschen in kürzere Teile zerfallen oder Lacke abblättern. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts fallen pro Kopf in Deutschland in einem Jahr vier Kilogramm Mikroplastik an.
Mikroplastik in allen Tiefen des Meeres
Eine Studie von fünf Bundesländern hat 2018 gezeigt, dass auch in Flüssen und Seen in Baden-Württemberg unzählige mikroskopisch kleine Plastikpartikel schwimmen. Es findet sich zudem in allen Tiefen des Meeres und wurde zum Beispiel bereits in Kleinstlebewesen (Zooplankton), Muscheln, Würmern, Fischen und Seevögeln gefunden. Von Fischen und Muscheln ernähren sich Meeressäuger, Vögel – und wir Menschen.
Kürzeres Leben und verminderte Fruchtbarkeit
Je kleiner die Teilchen sind, desto höher ist die Anzahl der Lebewesen, die es mit ihrer Nahrung aufnehmen und auch nicht wieder ausscheiden. Mikroplastik und die an ihm heftenden Schadstoffe können unter anderem das Leben des Tieres verkürzen und zu verminderter Fruchtbarkeit führen. Über die Auswirkungen auf den Menschen ist bis jetzt nur wenig bekannt. Eine Vielzahl von Erkrankungen und Störungen wird laut Plastikatlas mit diesen Substanzen in Verbindung gebracht. Dazu gehören Brustkrebs, Unfruchtbarkeit, verfrühte Pubertät, Fettleibigkeit, Allergien und Diabetes. Laut der vom WWF beauftragte Studie „No Plastics in Nature: Assessing Plastic Ingestion from Nature to People“ nehmen Menschen weltweit durchschnittlich bis zu fünf Gramm Mikroplastik pro Woche über Nahrung, Luft und Wasser auf, das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte. Wie wenig wir uns diesen kleinen Teilchen entziehen können, zeigt eine Studie der Medizinischen Universität Wien und des österreichischen Umweltbundesamts aus dem Jahr 2018: Die Wissenschaftler*innen fanden in Stuhlproben aller Proband*innen Mikroplastik.
Übrigens: Teilweise wird zwischen Mikro- und Nanoplastik unterschieden. Der BUND tut dies nicht. Die Obergrenze für Nanoplastik liegt je nach Definition bei etwa einem tausendstel Millimeter.
Der BUND fordert:
- Deutliche Reduktion der Produktion von Plastik und Mikroplastik!
- Verbot von synthetischen Polymeren in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten!
- Kennzeichnung von Produkten, die Gewässer schädigen und Verbot von gewässerschädlichen Produkten, wenn es Alternativen gibt!
- Übernahme der Kosten für die Beseitigung von Mikroschadstoffen durch die Verursacher*innen!
- Reduktion des Autoverkehrs zugunsten des Schienen-, Rad- und Fußgängerverkehrs!
- Reduktion des Gewichts und der Motorisierung von Autos!
- Säuberung der Umwelt von Mikroplastik durch Reinigungs- und Filtertechnik!
- Verbot von Kunststoffgranulat auf Kunstrasenplätzen!
- Industrielle Vorwäschen mit Filtersystemen für neu hergestellte Kleidung!
Was jede*r tun kann:
- Auf Produkte mit Mikroplastik und Silikonen verzichten, dabei hilft die ToxFox-App
- Plastik vermeiden
- Keinen Müll in die Landschaft werfen
- So wenig Auto fahren wie möglich
- Synthetische Kleidung in Guppyfriend-Waschbeuteln waschen
- Weitere Tipps sind im Plastikatlas des BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung zu finden