BUND Landesverband
Baden-Württemberg

BUND unterstützt Klage gegen B10-Ortsumfahrung Enzweihingen

28. Juli 2021 | Artenschutz (BW), Flächenschutz (BW), Verkehr (BW)

Die Baupläne verstoßen gegen nationales und EU-Recht. Der NABU hat einen Eilantrag mit Unterstützung von BUND, LNV und Schutzgemeinschaft Mittleres Enztal eingereicht.

Hinter grünen Weinbergen erstreckt sich eine Landschaft mit vielen Bäumen Die geplante Ortsumfahrung würde wertvollen Lebensraum zerstören.  (LNV)

Der NABU Baden-Württemberg hat gegen den Planfeststellungsbeschluss zur B10-Ortsumfahrung von Vaihingen-Enzweihingen Klage eingereicht und per Eilantrag aufschiebende Wirkung gegen den Sofortvollzug beantragt. Der NABU macht sich damit weiter für eine bessere Alternative stark. Unterstützt wird er dabei von BUND, Landesnaturschutzverband (LNV) und der Schutzgemeinschaft Mittleres Enztal.

„Die Pläne der Straßenbauabteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart sind aus unserer Sicht rechtswidrig. Sie verstoßen gegen nationales und EU-Recht, würden eine vielfach geschützte Auenlandschaft zerstören sowie die Lebensräume zahlreicher gefährdeter Arten vernichten. Zudem würden hohe Wälle mitten in einem Hochwasserschutzgebiet errichtet werden – eine Bausünde, die nach den Hochwassern an Elbe und Oder sowie den jüngsten Hochwasserereignissen inakzeptabel ist. Die zur Planfeststellung eingereichten Unterlagen sind fehlerhaft und unvollständig. Die Behörde bezieht sich zudem auf eine unzureichende und fehlerhafte Bürgerbeteiligung. In einem Schwarzbuch für unverantwortliche, unzeitgemäße Bauverfahren würde die B10-Ortsumfahrung damit landesweit einen oberen Platz ergattern“, fasst der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle die Kritik der Naturschutzverbände zusammen.

Verfahren lässt Bevölkerung im Unklaren

Im laufenden Verfahren wurden die Pläne um zusätzliche, riesige Kreuzungsbauwerke mit hohem Flächenverbrauch in der Flussaue ergänzt. Die Bürgerbeteiligung fand also über einen inzwischen völlig veralteten Planungsstand statt. Die betroffene Bevölkerung wurde zudem fehlerhafterweise nur in Enzweihingen und dort völlig einseitig beteiligt – beides hatte in der Vergangenheit auch schon Gisela Erler, die ehemalige Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung, moniert. „Auch bei den Kosten haben die Bauplaner aus Stuttgart eine Nebelkerze geworfen. Die mindestens acht Millionen Euro Mehrkosten für die nötige Verlegung der Straßenmeisterei wurden bei der Umgehung nicht eingerechnet. Dafür hat man die Kosten für die ohnehin dringend nötige, millionenschwere Sanierung der Enzbrücke bei der Tunnellösung einbezogen und diese so schlecht gerechnet. Das ist ökonomisch unseriös“, kritisiert Gerhard Joos, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Mittleres Enztal.

Insbesondere bei den negativen Auswirkungen auf die Artenvielfalt sowie auf Natur und Landschaft lässt das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart als zuständige Planungsbehörde die Öffentlichkeit im Unklaren. „Die vorgelegten Unterlagen und Gutachten sind lückenhaft. Sie verschweigen die Vorkommen etlicher nach EU-Recht geschützter Arten und ignorieren geltende Gerichtsurteile. Der Schutzstatus von stark gefährdeten Arten wie Großes Mausohr, Eremit oder Großer Feuerfalter ist nicht verhandelbar“, stellt der Vorsitzende des LNV, Gerhard Bronner, klar.

Alternative Tunnellösung liegt seit 1990er Jahren auf dem Tisch

Zwar würde eine neue Umgehung einen Teil der Enzweihinger Bürgerinnen und Bürger teilweise entlasten, dafür käme am Ortsrand mit der Umfahrung eine neue Lärmquelle hinzu. „Es ist bekannt, dass neue Straßen Verkehr anziehen. Wir brauchen eine Verkehrswende und einen besseren ÖPNV, um Ortsdurchfahrten zu entlasten“, sagt Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND. Dass Landesverkehrsminister Winfried Hermann das Vorhaben dennoch unterstützt, ist für die Verbände unverständlich. Bereits ab den 1990er Jahren hätten bessere Alternativen mit einer Untertunnelung der bestehenden B10 vorgelegen, in einem Fall mit Finanzierungszusage des Bundes. „Die Pläne widersprechen den Zielen der neuen Landesregierung zum Klima-, Hochwasser- und Artenschutz sowie zur Netto-Null beim Flächenverbrauch“, sagt Johannes Enssle.

Hintergrund:

Betroffen von der Ortsumfahrung B10 Enzweihingen sind neben dem Hochwasserschutzgebiet das FFH-Gebiet Enzaue, mehrere Naturdenkmale, zwei Landschaftsschutzgebiete und 19 gesetzlich geschützte Biotope. Die Enzaue ist im Regionalplan als Grünzäsur definiert und damit von Bebauung freizuhalten. Gefährdete und nach EU-Recht geschützte Arten kommen in großer Zahl vor: Neben dem Schwarzstorch sind das Großes Mausohr, Großer Feuerfalter, Eremit, Bitterling, Strömer, Groppe und Sumpfschrecke. Die Flussaue der Enz ist zudem ein überregional bedeutsames Nahrungshabitat für bis zu 200 Weißstörche und Lebensraum mehrerer auf der Roten Liste Baden-Württembergs stehender Heuschrecken-Arten. 355 Pflanzenarten sind nachgewiesen, darunter acht gefährdete.

Kontakt für Rückfragen:

Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, Sylvia.Pilarsky-Grosch(at)bund.net

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