Streit um Bebauungsplan in Gaiberg geht in die nächste Runde
Heidelberg/Leipzig. Auf der grünen Wiese Bauen ohne Umweltprüfung – dem hat das Bundesverwaltungsgericht im Juli einen Riegel vorgeschoben: Beschleunigte Bauverfahren nach Paragrafen 13 b Baugesetzbuch sind europarechtswidrig. Die Gemeinde Gaiberg bei Heidelberg sieht das offenbar nicht ein und versucht nun auf Umwegen einen ungültig gewordenen Bebauungsplan weiterhin ohne Umweltprüfung durchzusetzen. Dabei geht es um ein Wohngebiet auf einer Streuobstwiese am Ortsrand. Wie die Gemeinde bekannt gab, soll der rechtswidrige Bebauungsplan eins zu eins in ein Verfahren nach Paragraf 13 a überführt werden. Paragraf 13 a regelt eigentlich Bauvorhaben innerhalb von Siedlungen, soll die Nachverdichtung fördern und den Flächenverbrauch außerhalb von Siedlungen verringern. Diesen Paragrafen will die Gemeinde Gaiberg nun auf das Wohngebiet anwenden, obwohl es am Ortsrand entsteht. Die Argumentation der Gemeinde: Das fragliche Wohngebiet, das auf Basis des rechtswidrigen Bebauungsplans bereits zum Teil entstanden ist, sei mittlerweile als Innenbereich anzusehen.
BUND kritisiert Vorgehen scharf: Paragraf 13 a wird ad absurdum geführt
Der BUND Baden-Württemberg kritisiert dieses Vorgehen in aller Schärfe. „Es ist ein Skandal und wir behalten uns weitere Rechtsmittel vor, wenn die Gemeinde nicht einlenkt. Ein Rechtsverstoß darf nicht durch einen weiteren Rechtsverstoß geheilt werden“, betont Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND. Sie erklärt: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Paragraf 13 a des Baugesetzbuchs in sein Gegenteil verkehrt und rechtswidrige Bauprojekten ohne Umweltprüfung legitimiert werden.“
Nach Ansicht des BUND liegen in Gaiberg die Voraussetzungen zur Durchführung eines beschleunigten Verfahrens nach Paragraf 13 a Baugesetzbuch nicht vor. Denn das Verfahren steht nur „für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung“ zur Verfügung. Das Wohngebiet entsteht aber auf einer Streuobstwiese am Ortsrand.
BUND fordert Regelverfahren und kündigt erneute Klage an
Der BUND fordert nachdrücklich ein ordentliches Regelverfahren mit neuer Öffentlichkeitsbeteiligung. „Eine Umweltprüfung, ein Umweltbericht und Ausgleichsmaßnahmen für die zerstörten Flächen sind unverzichtbar. Auch fehlt es an der inzwischen erforderlichen Ausnahmegenehmigung zur Beseitigung von Streuobstwiesen und entsprechenden Ausgleichsmaßnahmen. Lenkt die Gemeinde Gaiberg hier nicht ein, ist mit einer erneuten Klage gegen den Bebauungsplan zu rechnen“, so die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch.
Hintergrund
Der BUND Baden-Württemberg hatte in seiner Funktion als „Anwalt der Natur“ gegen den Bebauungsplan in Gaiberg, der mit dem Paragrafen 13b Baugesetzbuch aufgestellt worden war, geklagt. Denn der Paragraf ermöglichte Kommunen, ökologisch wertvolle Flächen am Siedlungsrand wie Streuobstwiesen in einem beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung zu bebauen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem BUND Recht gegeben: Der Paragraf 13b verstößt gegen Europarecht. Das Urteil gilt bundesweit.
Weitere Informationen:
- Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts
- FAQ Paragraf 13b: Der BUND Baden-Württemberg gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen
- Pressemitteilung des BUND Baden-Württemberg zur Urteilsverkündung
- Webseite des BUND Baden-Württemberg zu Verbandsklagen
- Pressemitteilung des BUND Rhein-Neckar-Odenwald zu Ausweisung von Neubaugebieten vom 14. Mai 2020
Kontakt für Rückfragen (nicht zur Veröffentlichung):
Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, Sylvia.Pilarsky-Grosch(at)bund.net, 0172 8344294