Die Beratungen des Kabinetts zur Beschleunigung von Infrastruktur und des Bundesrats am Freitag über ein Gesetz zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren im Infrastrukturbereich kommentieren Antje von Broock, Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg.
Antje von Broock: „Das ‚Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich‘ beschneidet den Rechtsschutz für die Bürger*innen in Umweltbelangen und beschleunigt die Klima- und Biodiversitätskrise. Die Parlamentarier*innen aus Bund und Ländern müssen den Entwurf der Ampel-Regierung dringend nachbessern. Sie müssen dem pauschalen Beschleunigungswahn klare Grenzen zum Schutz von Mensch und Natur setzen. Der Gesetzentwurf beschleunigt keine Genehmigungen und setzt keine Prioritäten. Aber er schadet der naturverträglichen Bekämpfung der Klimakrise.
Der Verlust der Biodiversität schreitet rasant voran. Es droht eine Erderhitzung von weit über zwei Grad. Für klimaschädliche Vorhaben wie fossile Kraftwerke, Müllverbrennungsanlagen, Braunkohletagebaue, Flughäfen und unsinnige Straßen gibt es daher nur eine Lösung: Sie müssen gestrichen werden. Falsche Planungen, die dauerhaft Natur zerstören, Gesundheit der Menschen gefährden oder langfristig die Klimakatastrophe anheizen, müssen wirksam überprüft werden. Für eine echte Planungsbeschleunigung braucht es daher eine grundlegende Finanzierungs- und Verwaltungsreform mit ausreichend Personal für Naturschutz und naturverträgliche Infrastruktur, Standards für naturverträgliche Entscheidungen der Verwaltung und Kapazitäten für Öffentlichkeitsbeteiligung und Digitalisierung. Hier muss die Politik handeln – beschleunigt.“
Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des BUND Baden-Württemberg, ergänzt aus Ländersicht: „Klima- und Artenschutz muss auf allen Ebenen zusammengedacht werden, um die Umwelt und damit unsere Lebensgrundlagen zu erhalten. Dabei spielt der naturverträgliche Ausbau der Erneuerbaren eine wichtige Rolle. Seit 2018 aber stockt der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg. Und das obwohl die Aufgabe gewaltig ist: So müssen beispielsweise laut einer Studie des Öko-Instituts im Auftrag des BUND auf bis zu 2,7 Prozent der Landesfläche Windenergieanlagen errichtet werden, um bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen. Dies ist mit einer besonnenen Planung, die sowohl die großen Ziele auf Landesebene als auch die Bedingungen vor Ort berücksichtigt, kompatibel mit Artenschutz möglich. Bei einem ‚Durchregieren‘ per Planungsbeschleunigung aber wächst das Risiko, dass der Naturschutz unter die Räder gerät. Der BUND ist sich der enormen Aufgabe bewusst, die der schnelle Umbau der Infrastruktur für eine klimaneutrale Gesellschaft darstellt. Wir haben uns in der Vergangenheit deshalb intensiv um eine Verbesserung von Verfahren, Planungen und Projekten – von der Mobilität über die Industrie bis hin zu den Erneuerbaren Energien – bemüht und werden dies auch in Zukunft tun.
Wir appellieren deshalb an die baden-württembergische Landesregierung, sich im Bundesrat für eine Änderung des Entwurfs des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren einzusetzen und nicht klimaschädliche Vorhaben zu beschleunigen.“
Mehr Informationen:
- Webseite des BUND Baden-Württemberg zu Erneuerbaren Energien
- Webseite des BUND Baden-Württemberg zur Klimastudie
Kontakt für Rückfragen:
Sylvia Pilarsky-Grosch, Landesvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg, Sylvia.Pilarsky-Grosch(at)bund.net