Artenreiche Blühflächen
Viele Rasenflächen auf Friedhöfen werden so häufig gemäht, dass sie Insekten keine Nahrung, Versteck- oder Nistmöglichkeiten mehr bieten. Anstelle dieser pflegeaufwendigen Bereiche entstanden im Projekt extensiv gepflegte, blütenreiche Wildblumenwiesen, kleine Freiräume und Randbereiche wurden zu extensiven Blühstreifen und artenreichen Säumen umgestaltet. Dadurch finden bestäubende Insekten, wie Wildbienen und Schmetterlinge, das ganze Jahr über kontinuierlich Nahrung. Die im Winter verbleibenden, abgestorbenen Pflanzenteile bieten den Schmetterlingen und anderen Insekten weiterhin einen wichtigen Ort zum Überwintern; den Vögeln bieten sie Ansitzwarten, Deckung und ein begehrtes Winterfutter (Samen).
Ökologisch wertvolle Grabbepflanzungen
Gräber sind ein besonderer Ort der Trauer und der Erinnerung. Bei der Grabgestaltung kommen jedoch sehr häufig exotische Zierpflanzen zum Einsatz. Diese Pflanzenzüchtungen, die man beispielsweise in Gärtnereien oder Baumärkten erwerben kann, besitzen zwar meist große, dekorative Blüten, aber den heimischen Insekten bieten sie kaum Nahrung und dienen somit ausschließlich zur Zierde. Durch eine angepasste Pflanzenauswahl aus hauptsächlich heimischen Wildpflanzen konnten Gräber dagegen insektenfreundlich, nachhaltig und meist genauso ansprechend gestaltet werden.
Blütenreiche Bepflanzungen
Auch viele weitere bestehende Strukturen auf den Friedhöfen wie z.B. Blumenrabatte, Hecken und Baumbestände, können nicht-heimischer Natur sein. Hier finden Insekten meist nur wenig oder gar keine Nahrung vor. Bessere Alternativen sind heimische Gehölze, Hecken und Blühpflanzen. Sie bieten bestäubenden Insekten Nahrung in Form von Pollen und Nektar sowie Beeren, Früchte oder Samen als Futterquelle für Vögel. Werden die richtigen Wildpflanzen ausgewählt, können diese Tiere gezielt gefördert werden.
Totholz und abgestorbene Pflanzenteile, z.B. Blätter oder markhaltige Pflanzenstängel, dienen vielen Insekten als Nist- oder Überwinterungsplatz. Ein insektenfreundliches Pflegekonzept auf dem Friedhof mit reduzierten Pflegemaßnahmen wie etwa dem Belassen abgestorbener Pflanzen, konnte dabei erheblich zur Förderung der Biodiversität beitragen.
Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten, Wasserstellen
Ein vollständiger Lebensraum für Tiere bietet nicht nur ein geeignetes Nahrungsangebot, sondern auch eine Vielzahl an Nistplätzen und Möglichkeiten zur Überwinterung sowie Wasserstellen. Diese sollten möglichst vielfältig gestaltet sein, damit viele unterschiedliche Insektenarten sie nutzen können. Die Maßnahmen müssen aber auch ansprechend für den Menschen aussehen, damit die Friedhofsbesucher*innen diese akzeptieren. Ist die Umsetzung der geplanten Nist- und Überwinterungsmöglichkeiten erfolgreich, finden eine Vielzahl von Insekten Unterschlupf und Möglichkeiten, sich zu vermehren.
Umsetzung der Maßnahmen vor Ort
In den folgenden interaktiven Karten erfahren Sie, wie die Maßnahmen auf den vier teilnehmenden Friedhöfen umgesetzt wurden. Für Details klicken Sie jeweils auf das rote Blumensymbol.
Hauptfriedhof in Stuttgart
Der Hauptfriedhof in Stuttgart wurde während des ersten Weltkriegs im Jahr 1918 eröffnet. Damals betrug die Grundfläche nur sechs Hektar. Inzwischen ist er nach mehreren Erweiterungen mit etwa 30 Hektar und einer Kapazität von circa 15.000 Grabstellen der zweitgrößte Friedhof in der Landeshauptstadt. Zu Projektbeginn fanden sich viele Freiflächen mit unterschiedlichen und standortabhängigen Bedingungen hinsichtlich Trockenheit, Sonneneinstrahlung und Bodenbeschaffenheit. Am 13. Juli 2022 war der Kick-Off mit den ersten Pflanzungen.
- Kontakt: Stadt Stuttgart, Garten‐, Friedhofs‐ und Forstamt, Maybachstraße 3, 70192 Stuttgart. Webseite des Hauptfriedhof.
Friedhof Handschuhsheim in Heidelberg
Der Friedhof in Handschuhsheim entstand 1843 als erster kommunaler Friedhof der Gemeinde. Heute ist er mit circa sechseinhalb Hektar Fläche der zweitgrößte Friedhof in Heidelberg. Er verfügt über sonnige, zusammenhängende Freiflächen, die sich für eine ökologische Aufwertung sehr gut eigneten. Der Friedhof grenzt direkt an ein Naturschutzgebiet, was die Einwanderung von Wildbienen- und Schmetterlingsarten begünstigt. Am 23. März 2022 war der Kick-Off, an dem die ersten Pflanzungen durchgeführt wurden.
- Kontakt: Stadt Heidelberg, Landschafts- und Forstamt, Weberstraße 7, 69120 Heidelberg. Webseite: Friedhof Handschuhsheim.
Waldfriedhof in Singen (Hohentwiel)
Baustart war im November 1930. Im Laufe der Jahre wurde der Waldfriedhof mehrfach erweitert. Heute ist der Friedhof rund 18 Hektar groß. Jährlich finden circa 500 Bestattungen statt, wobei mittlerweile zwei Drittel Urnen-Bestattungen und nur noch ein Drittel Erd-Bestattungen sind. Der Waldfriedhof zeichnet sich durch eine Zweiteilung aus: Im älteren Bereich dominiert ein alter Baumbestand mit hoher Beschattung. Im neueren Bereich gibt es viele sonnige Freiflächen, die die Park-Gärtner*innen für Wildbienen und Schmetterlinge aufwerten konnten. Mit dieser Kombination aus schattigem Bereich, der Tieren als Rückzugsort dient, und den sonnigen Flächen, die Nahrung und Nistmöglichkeiten bieten, konnte hier ein wertvoller Gesamtlebensraum für unterschiedliche Tier-Arten entstehen. Am 11. Mai 2022 war der Kick-Off mit den ersten Pflanzungen.
- Kontakt: Stadt Singen, Friedhofsverwaltung, Schaffhauser Str. 163, 78224 Singen. Webseite Waldfriedhof Singen.
Stadtfriedhof in Biberach an der Riß
Der Stadtfriedhof wurde vom Landschaftsarchitekten Günther Grzimek geplant und im Jahr 1962 eröffnet. Er ist heute mit rund 18 Hektar der größte der sieben städtischen Friedhöfe. Mit seinen Wiesen und Seen, dem alten Baumbestand und dem großen verzweigten Wegenetz weist er einen parkähnlichen Charakter auf. Er war demnach schon bei Projektstart eine ökologisch wertvolle Grünfläche mitten im urbanen Raum mit einer hohen Artenvielfalt und verfügte über viele Freiflächen, die zu hochwertigen Lebensräumen aufgewertet werden konnten. Der Kick-Off mit den ersten Pflanzungen fand am 27. Juni 2022 statt.
- Kontakt: Stadt Biberach an der Riß, Friedhofsverwaltung, Rindenmooser Straße 1, 88400 Biberach an der Riß. Webseite Friedhof Biberach an der Riß.