BUND Landesverband
Baden-Württemberg

Naturschutz-Erfolg: Klage gegen Flächenfraß – was folgt?

Ein Riesenerfolg für den BUND als Anwalt für die Natur: Nach unserer Klage hat das höchste deutsche Verwaltungsgericht entschieden, dass es gegen europäisches Recht verstößt, Baugebiete im Schnellverfahren nach 13b BauGB ohne Umweltprüfung und Ausgleichsmaßnahmen auszuweisen.

Gerade in Baden-Württemberg wurden durch den Paragrafen 13b BauGB immer wieder wertvolle Gebiete, etwa Streuobstwiesen, unwiederbringlich zerstört. Zahlreiche BUND-Mitglieder haben mit ihrem unermüdlichen Einsatz dazu beigetragen, dass damit nun Schluss ist – und zwar nicht nur im „Ländle“: Denn das Urteil hat bundesweite Konsequenzen. Welche das sind und wie Sie jetzt gegen unrechtmäßige Baupläne vorgehen können, erfahren Sie in unserem FAQ.

FAQ zum Paragraf 13b und den Konsequenzen des Grundsatzurteils

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Was ist der Paragraf 13b?

Seit 2017 existiert der Paragraf 13b im Baugesetzbuch (BauGB). Er ermöglichte Gemeinden, Flächen am Ortsrand ohne die sonst vorgeschriebenen Umweltprüfungen oder Ausgleichsmaßnahmen als Bauland auszuweisen. Die ursprüngliche Absicht war, auf die Flüchtlingskrise zu reagieren und schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Allerdings hat der Paragraf eher dazu geführt, dass in ländlichen Gemeinden Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese entstanden. Diese tragen kaum zur Förderung von sozialem Wohnungsbau bei, führen jedoch zur Zerstörung wertvoller Lebensräume und zur Versiegelung von Flächen. Bis Ende 2022 wurden noch Bebauungspläne mithilfe des beschleunigten Verfahrens nach Paragraph 13b erstellt.

Warum ist der BUND gegen den Paragrafen?

  1. Vernachlässigung des Naturschutzes: Streuobstwiesen und andere wertvolle Lebensräume konnten ohne Umweltprüfung und Ausgleich für die zerstörten Flächen bebaut werden. Gerade Streuobstwiesen waren wegen ihrer Nähe zu Siedlungen besonders oft betroffen. Der Artenschutz hätte zwar theoretisch dennoch beachtet werden müssen, ohne Umweltprüfung werden seltene Arten aber oft gar nicht erst erfasst.
  2. Flächenfraß: Statt Städte und Gemeinden nachhaltig im Inneren weiterzuentwickeln, wurden mit Paragraf 13b Neubauten am Ortsrand auf der grünen Wiese geplant. Dadurch werden viele Flächen unwiederbringlich zerstört und versiegelt.
  3. Kein kostengünstiger Wohnraum: Mit dem Paragrafen 13b wurden hauptsächlich Ein- und Zweifamilienhäuser außerhalb der Ballungsräume geplant und kaum Mehrfamilienhäuser, die bezahlbaren und sozialen Wohnraum hätten liefern können. Das zeigt auch eine vom Bundestag vorgenommene Evaluation des Paragrafen.   
  4. Entwertung des Flächennutzungsplans: Paragraf 13b ermöglicht den Gemeinden, Bebauungspläne parallel zur bestehenden Flächennutzungsplanung zu erstellen, was die strategische Gesamtplanung entwertet, und zu Fehlplanungen führen kann.
Was hat es mit der Gaiberg-Klage auf sich?

Der BUND Baden-Württemberg hat gegen den Bebauungsplan für ein Neubaugebiet in Gaiberg, einer kleinen Gemeinde bei Heidelberg, geklagt. Hier wurde eine ökologisch wertvolle Streuobstwiese gerodet und mit Einfamilienhäusern überbaut - ohne Umweltprüfung und ohne einen Ausgleich für den Eingriff in die Natur. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun entschieden, dass das gegen Europarecht verstößt. Das Urteil gilt als bundesweiter Präzedenzfall. Prinzipiell sind damit sämtliche Bebauungspläne, die mit dem beschleunigten Paragraf-13b-Verfahren aufgestellt wurden, ungültig.

Was bedeutet das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bundesweit?

Das Urteil im Gaiberg-Fall ist eine Grundsatzentscheidung. Das Bundesverwaltungsgericht hat das beschleunigte Verfahren mit dem Paragrafen 13b BauGB für europarechtswidrig erklärt.  Das heißt, Grundstücksflächen am Ortsrand dürfen nicht mehr ohne Umweltprüfung und Ausgleichsmaßnahmen überplant werden. Das Urteil betrifft bundesweit Bebauungspläne, die mit Hilfe des Paragrafen 13b aufgestellt werden oder wurden, soweit die Verkündung des Satzungsbeschlusses nicht älter als ein Jahr ist.

Was ist jetzt zu tun?

In der Praxis müssen drei Fälle unterschieden werden.

  1. Noch nicht beschlossene Bebauungspläne: Umstellung aufs Regelverfahren
    Noch nicht abgeschlossene Verfahren nach Paragraf 13b müssen von den Gemeinden eingestellt oder in das Regelverfahren der Bebauungsplanung überführt werden. Umweltprüfungen sind dann Pflicht.
  2. Satzungsbeschluss jünger als ein Jahr: rechtliches Vorgehen möglich
    Bebauungspläne, die mithilfe des Paragrafen 13b aufgestellt wurden, sind rechtswidrig. Damit etwas passiert, muss die mangelhafte Planung allerdings schriftlich (Fax, Brief) bei der Gemeinde gerügt werden. Das ist nur innerhalb eines Jahres möglich, nachdem der Satzungsbeschluss bekannt gemacht wurde (siehe jeweiliges kommunales Mitteilungsblatt). Die Gemeinde muss Umweltprüfungen und Ausgleichsmaßnahmen dann gegebenenfalls nachholen. Sollte das nicht geschehen, können Umweltverbände beim Verwaltungsgerichtshof gegen einzelne 13b-Bebauungspläne klagen.
  3. Satzungsbeschluss älter als ein Jahr: rechtliches Vorgehen nicht sinnvoll
    Ist der Satzungsbeschluss älter als ein Jahr, ist ein rechtliches Vorgehen aus Sicht des BUND Baden-Württemberg eher nicht mehr sinnvoll.

 

Seit Einführung der Verbandsklage hat der BUND Baden-Württemberg neben der Klage gegen den Paragrafen 13b BauGB in zahlreichen weiteren Fällen von seinen Klagemöglichkeiten Gebrauch gemacht, um Natur- und Umweltzerstörung zu verhindern und dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen wieder Recht und Stimme zu geben.

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