BUND Landesverband
Baden-Württemberg

Streuobstwiesen: Das blühende Leben

16. April 2020 | Mobilität, Nachhaltigkeit, Artenschutz (BW), Biotopverbund (BW), Landwirtschaft, Naturschutzpolitik (BW), Schmetterlingsland (BW), Streuobst (BW), Volksbegehren Artenschutz - "Rettet die Bienen"

Jetzt im Frühjahr sorgen sie für bunte Farben und Nahrung für Insekten: Streuobstwiesen sind Hotspots der Artenvielfalt - aber leider auch vielerorts bedroht

Eine Streuobstwiese mit Dorfkirche im Hintergrund Streuobstwiesen sind typisch für Baden-Württemberg und zudem Hotspots der Artenvielfalt. Wir haben eine besonder Verantwortung, sie zu schützen.  (Michael Sauer)

Von hellrosa bis weiß erblühen derzeit die Streuobstwiesen und zeigen sich in ihrem schönsten Gewand. Mit ihnen erblüht auch das Leben in den Wiesen. Denn Streuobstwiesen sind Hotspots der Artenvielfalt. 5.000 verschiedene Tier- und Pflanzenarten leben in diesen einzigartigen Ökosystemen. Vögel und Fledermäuse in den Höhlen der großkronigen, hochstämmigen Bäume; Insekten in den bunt blühenden Wiesen und in den Rindenspalten. Für uns Menschen liefern die Streuobstwiesen in Baden-Württemberg über 1.000 Obstsorten und leckere Säfte. Doch in den vergangenen Jahrzehnten ist der Bestand drastisch zurückgegangen. Der BUND fordert Anreize für Privatbesitzer*innen, Streuobstwiesen besser zu pflegen.

Der BUND appelliert an die baden-württembergische Landesregierung, ihrer besonderen Verantwortung für diese für Baden-Württemberg so typische Kulturlandschaft nachzukommen und die finanzielle Förderung auszuweiten. Die Landesregierung hat mit der Baumschnittprämie ihre Verantwortung für die Kulturlandschaft Streuobstwiese erkannt“, sagt Brigitte Dahlbender, BUND-Landesvorsitzende. „Erfreulich ist, dass sie die Baumschnittförderung neu aufgelegt und ausgeweitet hat. Sowohl Landwirt*innen als auch Kommunen, Vereine und Privatpersonen können nun bis zum 15. Mai 2020 eine Förderung für die nächsten fünf Jahre beantragen.“

Streuobstwiese: typisch Südwesten

Seit Jahrhunderten gehören Streuobstwiesen zu Baden-Württemberg: Ab dem 15. Jahrhundert begannen Menschen, Obstbäume über die Landschaften zu verstreuen. Daher der Begriff: Streuobst. Diese Kulturlandschaft war lange Zeit das prägende Bild Baden-Württembergs. Doch seit 1900 sind drei Viertel der Bestände abgeholzt worden. Eine aktuelle Luftbildauswertung der Universität Hohenheim hat für das Jahr 2015 nur noch mehr 7,1 Millionen Bäume ermittelt. Und auch viele der bestehenden Streuobstwiesen verfallen schlichtweg. Die Pflege von Streuobstwiesen ist mühselig. Die Erträge, die die Landwirt*innen durch den Verkauf der Streuobstprodukte erzielen, kompensieren oftmals nicht den Arbeitseinsatz.

Mehr Unterstützung auch für Privatpersonen

Um den Erhalt der Streuobstwiesen für Nicht-Landwirt*innen attraktiv zu machen, sollte auch die Förderung der aufwendigen Grünlandpflege, die über die Agrarförderung des Landes (FAKT) pro Baum auf der Streuobstwiese gezahlt wird, erhöht und ausgeweitet werden. „Die Hälfte der Streuobstwiesen gehört privaten Stücklesbesitzer*innen. Nicht-Landwirte sind von der FAKT-Förderung aber ausgeschlossen. Um auch Privatpersonen einen Anreiz zu geben, ihre Streuobstwiesen zu erhalten und zu pflegen, muss das Land die Förderung auch auf sie ausweiten, sonst stehen die Karten für den Großteil der Streuobstwiesen schlecht“, sagt Almut Sattelberger, Naturschutzreferentin des BUND Baden-Württemberg.

Zudem muss das Landwirtschaftsministerium die Sammel-Bio-Zertifizierung erleichtern. Wenn sich Stücklesbesitzer*innen als Bio-Betriebe zertifizieren lassen, kostet das oft mehr, als Obst an Verdienst einbringt. „Das Landwirtschaftsministerium muss auch eine Lösung finden, die Kosten und den Verwaltungsaufwand bei der Zertifizierung zu minimieren“, sagt Brigitte Dahlbender.

Fairer Preis für gute Produkte

Jede*r einzelne*r von uns kann Streuobstwiesen schützen, indem er*sie sich am Supermarkt-Regal für Streuobst-Produkte entscheidet. „Beim Einkaufen sollten die Verbraucher*innen nicht unbedingt nur auf das Preisschild schauen. Billige Saftkonzentrate von Intensivobstplantagen in Polen oder China müssen viele Tausende Kilometer herbeitransportiert werden und schaden durch den Einsatz von Pestiziden und Monokulturen auch der Artenvielfalt“, so Sattelberger.

Auf der sicheren Seite liegen Verbraucher*innen mit Aufpreis-Initiativen. In den Initiativen bezahlen Mostereien kostendeckende Preise, wenn sie garantieren, dass das Obst garantiert von ungespritzten, hochstämmigen Obstbäumen kommt. Inzwischen gibt es rund 50 Aufpreis-Initiativen in Baden-Württemberg; an einem Drittel davon sind BUND-Gruppen beteiligt.

Quick-Facts: Streuobst

  • Jahrhunderte alte Tradition: seit dem 15. Jahrhundert gibt es Streuobstwiesen in Baden-Württemberg
  • Man begann damals, Obstbäume über die Landschaften zu verstreuen. Daher kommt der Name: Streuobst
  • Mit ca. 90 000 Hektar steht in Baden-Württemberg die größte Streuobstlandschaft Mitteleuropas
  • 7,1 Millionen Streuobstbäume gibt es heute in Baden-Württemberg (Stand 2015)
  • Trotzdem: Seit dem 19 Jahrhundert sind ¾ der Streuobstwiesen verloren gegangen
  • seit 1965 wurde die Zahl mehr als halbiert
  • Jeder zweite deutsche Apfel kommt aus Baden-Württemberg
  • 5.000 Tiere und Pflanzenarten leben auf Streuobstwiesen
  • Tausende Apfel-, Birnen-, Zwetschgen, Walnuss- und Kirschsorten wachsen auf den baden-württembergischen Streuobstwiesen

Weitere Informationen:

Kontakt für Rückfragen:

  • Almut Sattelberger, Naturschutzreferentin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e.V., almut.sattelberger(at)bund.net, 0731 / 66695, 0171 / 21 90 242

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