BUND Landesverband
Baden-Württemberg

Licht aus für mehr Insekten: Aktion des BUND zeigt Handlungsbedarf trotz Beleuchtungsverbot

23. November 2022 | Artenschutz (BW), Biotopverbund (BW), Naturschutz, Naturschutzpolitik (BW), Schmetterlinge, Schmetterlingsland (BW), Volksbegehren Artenschutz - "Rettet die Bienen"

Auch in diesem Jahr gingen bei der Aktion „Licht aus“ viele Meldungen beim BUND Baden-Württemberg über unnötige Beleuchtung ein, die Insekten gefährdet.

Illustration eines Falters, der ins Licht fliegt. Auch im Jahr 2022 gingen bei der Aktion "Licht aus" wieder zahlreiche Meldungen beim BUND ein.

Stuttgart. Wenn es dunkel wird, gehen überall im Land die Lichter an. Straßenlaternen, Autoscheinwerfer, Leuchtreklame oder Beleuchtung von historischen Gebäuden und Denkmälern machen vielerorts die Nacht zum Tag. Vor allem im Sommer ist die zunehmende Lichtverschmutzung für nachtaktive Insekten eine zusätzliche Bedrohung. „Ihre Fortpflanzung wird gestört, sie verlieren durch die grellen Lichtquellen die Orientierung oder verwechseln Tag und Nacht oder Sommer und Winter“, erklärt Lilith Stelzner, Referentin für Naturschutz des BUND Baden-Württemberg. Viele sterben dann einfach an Erschöpfung. Das hat auch weitere Auswirkungen auf die Tierwelt und ganze Ökosysteme. „Insekten haben zahlreiche Schlüsselfunktionen in unserer Natur: Sie sind Nahrung für beispielsweise Vögel und Fledermäuse, bestäuben unsere Pflanzen oder tragen zur Fruchtbarkeit unserer Böden bei“, betont Stelzner.

Zahlreiche Meldungen eingegangen

Um die Menschen dafür zu sensibilisieren, hatte der BUND Baden-Württemberg in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal die Aktion „Licht aus für unsere Insekten“ ausgerufen. Rund 100 Meldungen über beleuchtete Fassaden von Schlössern, Kirchen, Rathäusern oder gewerblichen Gebäuden im ganzen Land gingen darauf ein. Bei der Aktion geht es dem BUND nicht darum, die Verantwortlichen an den Pranger zu stellen, sondern vielmehr auf einen Missstand hinzuweisen, der mit einfachen Mitteln behoben werden kann. Dazu werden die regionalen Vertreter*innen des BUND das Gespräch mit Verantwortlichen vor Ort suchen und Beratung anbieten. „Wo immer möglich sollte auf Beleuchtung verzichtet oder auf insektenverträgliche Beleuchtung, etwa durch bernsteinfarbene LEDs und reduzierte Beleuchtungsstärken gesetzt werden“, rät die Naturschutzexpertin.

Mut zur Veränderung auch langfristig nötig

Das spare auch Energie - was aufgrund des Krieges in der Ukraine und der daraus resultierenden Energiekrise in diesem Jahr ohnehin Vorgabe ist. Die Beleuchtung von öffentlichen Nichtwohngebäuden und Denkmälern hat die Bundesregierung von September bis Ende Februar mit Verordnungen zum Energiesparen untersagt. Auch wenn das hauptsächlich den Stromverbrauch reduzieren soll, kommt der Beschluss auch den heimischen Insekten zugute. „Wir begrüßen die Vorgaben, fordern aber, dass die Politik nicht nur bei ökonomischen, sondern auch bei ökologischen Zwängen handelt“, betont Martin Bachhofer, Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg. Gerade der öffentlichen Hand komme hier eine wichtige Vorbildfunktion zu. „Die Bedrohung, die vom Insektensterben für unser Überleben ausgeht, ist für Einzelne schwer zu erfassen. Deswegen wäre es umso wichtiger, dass sich die Politik dieser Zusammenhänge bewusst ist und entsprechend vorausschauend handelt. Das ist bisher leider noch viel zu selten der Fall“, kritisiert Bachhofer.  Die Verordnung zeige, dass mit dem richtigen Willen Veränderungen in den Kommunen möglich sind. „Diese sollten aber nicht nur kurzfristig aufgrund aktueller Notwendigkeiten, sondern auch langfristig zum Schutz von Insekten und Klima von den Entscheider*innen in Kommunen und Behörden angegangen werden“, fordert Bachhofer.

Hintergrund: Auswirkungen von Lichtverschmutzung

Mindestens die Hälfte der in Deutschland lebenden Insekten ist nachtaktiv. Insekten sehen noch bei unglaublich geringen Lichtstärken. In riesigen Scharen werden sie vom Licht angezogen und aus ihren Lebensräumen herausgerissen. Licht zur falschen Zeit verändert ihr tages- und jahreszeitliches Verhalten. Im Spätherbst können sich die Insekten nicht rechtzeitig auf den Winter vorbereiten. Sie verkriechen sich nicht oder sie begeben sich zu anderen Zeiten als üblich auf Nahrungssuche. Da unsere Landschaft nachts hell beleuchtet ist, werden außerdem ihre Lebensräume zerschnitten und voneinander getrennt. Dadurch breiten sich die Tiere nicht mehr aus und sie können keine neuen Lebensräume erobern. Mit dem Biodiversitätsstärkungsgesetz hatte sich die Landesregierung 2020 zum Schutz heimischer Insekten verpflichtet. Durch die Neuregelung dürfen die Fassaden an Gebäuden im Besitz von Land und Kommunen in den Sommermonaten gar nicht und im Winter nur bis 22 Uhr beleuchtet werden. Die Behörden haben allerdings für viele Bauwerke Ausnahmen genehmigt. Dadurch untergraben sie die Wirksamkeit der Gesetzesnovelle, die durch das Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ angestoßen wurde, an dem der BUND neben anderen Natur- und Verbraucherschutzverbänden beteiligt war.
 

Weitere Informationen:

 

Kontakt:

  • Lilith Stelzner, Naturschutz-Referentin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Baden-Württemberg e. V., lilith.stelzner(at)bund.net, 0711 620306-14

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