BUND Landesverband
Baden-Württemberg

Atomkraft: keine Rettung fürs Klima

Atomkraft ist keine umweltfreundliche Technologie und kann auch nicht als Mittel gegen die Klimakrise dienen – auch wenn das immer wieder Stimmen behaupten.

Die Illustration zeigt einen neuartigen Fusionsreaktor zur Erzeugung von Kernkraft. Selbst wenn Fusionsreaktoren die Fragen von Brennstoff, „Entsorgung“ und Sicherheit im Betrieb lösen würden, würden sie zu spät zur Verfügung stehen. Daher sind sie keine Lösung.  (EvgenB / Depositphotos.com (Illustration))

Der BUND hält Atomkraft weiterhin für eine höchst gefährliche Sackgasse und von vorne bis hinten nicht durchdacht. Menschen weltweit tragen das Risiko eines verheerenden Reaktorunfalls, während wenige Konzerne die Gewinne einfahren. 40.000 zukünftige Generationen sitzen auf dem tödlichen Müll, für den es bisher keine Lösung gibt. Atomstrom ist schon jetzt teurer und CO2-intensiver als erneuerbarer Strom. Der Uranabbau hinterlässt große Gefahren für Mensch und Umwelt. Jeder neue Reaktor ist zudem eng mit militärischen Interessen verknüpft. Die Träume der Atomlobby – zum Beispiel von Minireaktoren in jedem Garten – sind gefährliche Technikfantasien. Die Gefahren und das Müllproblem würden dadurch vervielfacht.

Atomkraft ist nicht klimaneutral

Es ist richtig, dass bei der eigentlichen Stromproduktion aus Kernenergie kaum Treibhausgase freigesetzt werden. Dennoch ist Atomkraft auf keinen Fall CO2-neutral – Treibhausgase werden vor allem vor und nach der Stromproduktion ausgestoßen. Betrachtet man den gesamten Lebensweg – von Uranabbau, Brennelementherstellung, Kraftwerksbau und -rückbau bis zur Endlagerung – so wird in den einzelnen Phasen zum Teil viel Energie eingesetzt (pdf), was wiederum zu einem hohen Ausstoß an Treibhausgasen führt. Somit fällt deutlich mehr CO2 an als bei erneuerbaren Energien, wie das Öko-Insitut für den Uran-Atlas ermittelte (pdf, 7,3 MB; S. 48). Einige Studien rechnen daher sogar mit 190g CO2 pro Kilowattstunde Atomstrom (pdf, 1,2 KB).

Uran-Abbau zerstört die Umwelt

Uran, der Stoff aus dem Atomkraftwerke ihre Kraft beziehen, ist ein fossiler und somit endlicher Energieträger. Das weltweite Uranvorkommen reicht bei konstanter Ausbeutung noch 70 Jahre. Sollten alle Pläne zu AKW-Neubauten weltweit Realität werden, wären die Uranvorkommen in 18 Jahren aufgebraucht.

Uran wird unter hohem Ressourcenverbrauch vorwiegend in Kanada, Australien, Kasachstan, Russland, Niger, Namibia, Usbekistan und den USA abgebaut. 70% der weltweiten Uranvorkommen liegen auf den Gebieten indigener Bevölkerungsgruppen, die einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt werden (pdf, 7,3 MB; S. 8). Alleine für die deutschen AKW fallen bei der Förderung pro Jahr mehrere hunderttausend Tonnen feste und flüssige Abfälle an. Mehr als 85 Prozent der anfallenden Radioaktivität verbleiben in diesen Abfällen.

Beim Abbau selbst kann es für die beteiligten Arbeitskräfte zu gesundheitlichen Schäden kommen. Die Natur leidet unter Wassereinbrüchen und der daraus folgenden Kontamination ganzer Landstriche sowie an dem enormen Ressourcenverbrauch, der durch Abbau und Weiterverarbeitung entsteht. Atomkraft kann also keinesfalls als „sauber“ bezeichnet werden. Sie befördert Ungerechtigkeit und beutet Menschen aus.

Noch kein Endlager für den Atommüll gefunden

Weltweit ist bisher kein sogenanntes Endlager für hochradioaktiven Atommüll aus kommerziellen Reaktoren in Betrieb. In Finnland befindet sich eine Anlage in Bau, in mehreren weiteren Staaten laufen Standortsuchprozesse. Eine der wesentlichen Herausforderungen bei der sogenannten Endlagerung ist die Halbwertszeit radioaktiver Stoffe. Diese verlieren in einem bestimmten Zeitraum durch Zerfall die Hälfte ihrer Strahlung, werden aber nie unschädlich. Aus diesem Grund wird in Deutschland und in der Schweiz nach Standorten gesucht, die für eine Million Jahre größtmögliche Sicherheit versprechen.

In Deutschland läuft ein groß angelegter Suchprozess, in Zuge dessen bis 2031 ein Standort gefunden sein soll.

Atomkraft ist teuer

Atomkraft war und ist eine massiv subventionierte Energiequelle. Nur wenige große Unternehmen haben von der Atomkraft profitiert. 287 Milliarden Euro Staatsgelder hat die deutsche Atomindustrie seit 1955 bekommen (pdf, 959 KB). So finanzierte AKWs haben den Konzernen bis zu 1 Million Euro Gewinn pro Tag eingebracht. Auf europäischer Ebene fließen noch immer große Summen in die Atomkraftforschung – bisher ohne Fortschritt. Allein zwischen 2007 und 2019 summieren sich die gesamtgesellschaftlichen Kosten von Atomstrom in Deutschland laut Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (pdf) auf 348 bis 533 Milliarden Euro.

Heutige Reaktoren wären ohne Zuschüsse und Strompreisgarantien nicht wirtschaftlich zu betreiben. So bekam der ursprünglich mit 3 Milliarden Euro veranschlagte und mittlerweile mindestens 27 Milliarden Euro teure AKW-Neubau Hinkley Point in Großbritannien eine garantierte Einspeisevergütung von 10,2 Cent pro Kilowattstunde (plus Inflationsausgleich). Das Geld das in die Atomförderung fließt, steht für andere Zwecke wie den Ausbau von umweltfreundlicher Energieerzeugung logischerweise nicht mehr zur Verfügung.

Erneuerbare Energien sind deutlich preisgünstiger. Von Energiegenossenschaften profitieren viele und nicht nur Großkonzerne.

Militärische Nutzung von Atomkraft

Die zivile und die militärische Nutzung von Atomkraft sind eng verflochten. Zahlreiche Staaten haben unter dem Vorwand der Produktion von Atomstrom den Bau von Atomwaffen vorangetrieben. Weltweit werden immer gefährlichere Atomwaffen gebaut. Mit dem Ausbau der Atomkraft und dem Traum von Mini-AKWs würde sich auch der mögliche Zugriff auf waffenfähiges Material erhöhen. Die Klimakrise ist eine Bedrohung für die Menschheit, da brauchen wir nicht auch noch eine Atomkrise.

Atomkraftwerke als terroristische Ziele

Atomkraftwerke sind unsicher. Dies zeigt die lange Liste von schweren Unfällen und Störfällen in Reaktoren überall auf der Welt. In den vergangenen Jahren ist durch vermehrte Terroranschläge im Globalen Norden zusätzlich ins Blickfeld geraten, dass AKWs das Ziel von terroristischen Attentaten werden könnten. Gegen gezielte Terroranschläge ist kein Atomkraftwerk gerüstet. Auch Erdbeben können für AKWs zur Bedrohung werden.

Neue Reaktortypen kämen zu spät

Selbst wenn neue Reaktortypen wie zum Beispiel Fusionsreaktoren (siehe Illustration) die Fragen von Brennstoff, „Entsorgung“ und Sicherheit im Betrieb lösen würden, würden sie zu spät zur Verfügung stehen. Funktionierende Fusionsreaktoren, so versprechen es Wissenschaft und Industrie, sollen ab 2050 einsatzbereit sein.

Doch Klimaneutralität – und damit der Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger – muss bis dahin längst erreicht sein, wollen wir die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad, möglichst auf 1,5 Grad Celsius begrenzen. Für die Energiewende werden die Reaktortypen also keine Rolle spielen – und es ist nicht anzunehmen, dass die Welt von einem System, das auf sehr günstigen Erneuerbaren Energien basiert, wieder zur Atomkraft zurückwechselt.

Atomausstieg für den Klimaschutz

Die verbliebenen deutschen Reaktoren stellten bis zuletzt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar.

Die Klimakrise erfordert ein vollständiges Umlenken jeglicher Investitionen hin zu klimaneutralen und ökologisch nachhaltigen Technologien. Eine Nachrüstung oder gar ein Neubau neuer Meiler würde enorme Finanzmittel binden, die Netze mit Strom aus schwer regelbaren Kraftwerken verstopfen und so den Klimaschutz ausbremsen.

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Ansprechpartner Umwelt und Energie

Fritz Mielert

Umweltschutzreferent
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 (Archiv Axel Mayer)

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